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Politik: In der Türkei bald Freiheit fürs Kopftuch?

Istanbul - Nach der Grundsatzeinigung der AK-Partei des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan mit einer kleineren Rechtspartei auf die Abschaffung des Kopftuchverbots an den Universitäten des Landes brechen die Gegensätze zwischen Konservativen und Kemalisten in der Türkei wieder voll auf. Regierungsgegner warnen vor einer Islamismus-Welle, ein Kommentator nannte die Kopftuch-Befreier sogar „politische Monster“.

Istanbul - Nach der Grundsatzeinigung der AK-Partei des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan mit einer kleineren Rechtspartei auf die Abschaffung des Kopftuchverbots an den Universitäten des Landes brechen die Gegensätze zwischen Konservativen und Kemalisten in der Türkei wieder voll auf. Regierungsgegner warnen vor einer Islamismus-Welle, ein Kommentator nannte die Kopftuch-Befreier sogar „politische Monster“. Der Kampf um die Seele der Türkei, der schon die Präsidentenkrise des letzten Jahres prägte, geht in eine neue Runde.

Erdogans AKP und die rechtsnationalistische MHP wollen zwei Verfassungsartikel ändern, um Kopftücher für Studentinnen zu erlauben. Damit soll ein Verfassungsgerichtsurteil aus den späten achtziger Jahren außer Kraft gesetzt werden, auf dem das Kopftuchverbot fußt. Erdogan sprach von einer Grundsatzvereinbarung, die bei weiteren Gesprächen abgerundet werden solle. Auf die Frage, ob Kopftücher nicht nur an den Unis, sondern womöglich auch an Schulen erlaubt werden sollen, antwortete der Premier ausweichend: Die Arbeit an den Verfassungsänderungen sei noch nicht abgeschlossen. Mit solchen Äußerungen facht Erdogan bei seinen Gegnern innerhalb und außerhalb des Parlaments die Befürchtung an, ihm gehe es nicht um Gleichbehandlung in der Uni, sondern um eine Islamisierung des Landes. „In zwei Jahren gibt es nur noch Kopftücher“, warnte Isa Esme von der Hochschulrektorenkonferenz. Der Universitätsrektor Fatih Hilmioglu berichtete, an einigen Hochschulen gebe es bereits getrennte Busse für Studenten und Studentinnen. Auch die MHP bekommt als Kopftuch-Partnerin Erdogans ihr Fett ab. Ausgerechnet die strammen Nationalisten wollten die Türkei arabisieren, spottete eine Zeitung.

Da die Zustimmung des Parlaments zu den geplanten Verfassungsänderungen sicher ist – AKP und MHP verfügen gemeinsam über vier Fünftel der Sitze – richtet sich die Aufmerksamkeit jetzt auf die Gerichte. Sobald die Änderungen in Kraft sind, dürfte es eine Verfassungsbeschwerde geben. Generalstaatsanwalt Sabih Kanadoglu drohte MHP und AKP bereits mit einem Verbotsverfahren, weil sie den Weg zur „religiösen Diktatur“ beschritten und die Trennung von Staat und Religion verletzten. Susanne Güsten

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