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Simbabwe: In Harare herrscht Furcht vor Eskalation

Zwar hat sich Oppositionsführer Morgan Tsvangirai bereits zum Sieger erklären lassen. Doch Simbabwes Präsident Mugabe kämpft um den Machterhalt – das könnte gefährlich werden.

In Simbabwe rüstet sich die bislang regierende Zanu (PF) von Staatschef Robert Mugabe offenbar für eine Stichwahl um das Präsidentenamt. Kabinettsminister Didymus Mutasa, der als Mugabes rechte Hand und sein inoffizieller Sprecher gilt, sagte der BBC, dass die regierende Zanu das Ergebnis kenne und es sich dabei um ein Patt mit der Opposition handele. Weiter sagte Mutasa, seine Partei sei für die Stichwahl bereit und werde durch das Wahlergebnis „zusammengeschweißt“. Gleichzeitig traf sich am Freitagmittag das Topgremium der Zanu, sein 49-köpfiges Politbüro. Hier sollte das weitere Vorgehen des Regimes debattiert werden. Auch Mugabe selbst gilt längst nicht mehr als unangreifbar.

Derweil kursierten in Harare Gerüchte, dass der Senat offenbar in der Hand von Mugabes Zanu bleibt. Dabei ist das Oberhaus keineswegs so zahnlos wie oft beschrieben. So kann es beispielsweise Gesetze blockieren, die das künftig von der Opposition beherrschte Parlament beschließt.

Weiter ungeklärt war auch am Freitag die wichtige Präsidentenfrage. Zwar hat Oppositionsführer Morgan Tsvangirai sich bereits zum Sieger erklären lassen, doch hält das Regime nach dem anfänglichen Schock über die Niederlage bei der Parlamentswahl nun dagegen. Die Zanu und Mugabe würden bis zum Ende und mit allen Mitteln um den Machterhalt kämpfen, hieß es gestern aus der Parteizentrale der Zanu in Harare.

Was das heißen kann, hat die Vergangenheit oft gezeigt: von massiver Wahlfälschung bis hin zur brutalen Niederschlagung jeglichen Protests. Als Präsident könnte Mugabe nun aber auch den Ausnahmezustand verhängen, das Parlament außer Kraft setzen und damit den Staatsterror fortsetzen.

Einen Vorgeschmack darauf gab bereits die Durchsuchung der Parteibüros der Opposition am Donnerstagabend. Allerdings dementierte die MDC, dass ihr Führer Morgan Tsvangirai inzwischen untergetaucht sei. Zeitgleich umstellten Bereitschaftspolizisten ein Hotel, in dem ausländische Journalisten untergebracht sind. Fünf Reporter seien abgeführt, drei später wieder entlassen worden, erklärte die Anwältin Beatrice Mtetwa, die die Reporter vertritt. Die beiden Festgehaltenen sollten noch gestern angeklagt werden, weil sie ohne Erlaubnis und ohne die 1700 US-Dollar teure Akkreditierung aus Simbabwe berichtet hätten. Beobachter sehen in dem Vorgehen der Sicherheitskräfte den Auftakt zur Stichwahl. Daneben diene das rabiate Vorgehen dazu, der Opposition wie auch den Medien zu zeigen, wer in Simbabwe das Heft noch immer in der Hand habe.

Mugabe selbst zeigte sich am Donnerstag erstmals seit den Wahlen am Wochenende wieder der Öffentlichkeit. Das Staatsfernsehen sendete Bilder des lächelnden Präsidenten an der Seite von Wahlbeobachtern der Afrikanischen Union. Die MDC hatte auf Grundlage eigener Auszählungen verkündet, dass ihr Spitzenkandidat Morgan Tsvangirai 50,3 Prozent der Stimmen und damit deutlich mehr als Robert Mugabe (43,8) erhalten habe. Sollte dies stimmen, wäre eine Stichwahl nicht mehr nötig: Für den Sieg sind 50 Prozent plus eine Stimme nötig.

Tatsächlich würde eine Stichwahl – sofern sie nicht manipuliert wird – mit hoher Sicherheit von Oppositionschef Tsvangirai gewonnen, da dieser auch auf die Stimmen des drittplatzierten Kandidaten Makoni zurückgreifen kann. Makonis Wahlkampfmanager Nkosana Moyo betonte gegenüber der BBC jedenfalls, dass Makoni seine Wähler im Fall einer Stichwahl drängen werde, Tsvangirai zu unterstützen.

Trotz der schlechten Aussichten für Mugabe erwarten viele Beobachter, dass sich der greise Diktator der Wahl stellen wird. „Mugabe liebt hohes politisches Risiko und wird mit allen verfügbaren Mitteln um seinen Posten kämpfen“, sagt der politische Analyst Brian Kagoro. „Aber er wird damit scheitern, weil er nicht nur gegen einen harten Gegner, sondern auch gegen eine kaputte Wirtschaft kämpft.“

Die Wirtschaftsleistung des Landes ist in nur acht Jahren um fast 40 Prozent geschrumpft, die Inflation hat sechsstellige Prozentwerte erreicht. Und da Mugabe den Soldaten und Staatsdienern kurz vor der Wahl noch eine Gehaltserhöhung gewährte, dürfte sich die Teuerung nach Ansicht des simbabwischen Wirtschaftsprofessors Tony Hawkins bis zur Jahresmitte nochmals mehr als verdoppeln – auf mehr als 500 000 Prozent. „Bislang hat noch kein Regime solch gigantische Inflationsraten überlebt“, sagt der frühere US-Botschafter in Harare, Christopher Dell.

Weil sich die Wirtschaftslage von Woche zu Woche dramatisch verschlechtert, wollte Mugabe alles daransetzen, die Wahl schon in der ersten Woche zu gewinnen. Dies ist ihm nun gründlich misslungen. Vieles deutet zudem darauf hin, dass auch Mugabes Unterstützung bei den Sicherheitskräften bröckelt. Außerdem wird er es ohne Mehrheit im Parlament künftig schwerer haben, Pfründe an Anhänger zu verteilen.

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