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Politik: In letzter Minute

Deutschland, Frankreich und Russland wollen den Einfluss der UN im Irak sichern

Von Claudia von Salzen,

St. Petersburg

Ein Alleingang sollte es auf keinen Fall werden. Nur zu dritt sein wollten sie auch nicht. Nach ihrem Gipfel in St. Petersburg am Freitagabend versuchten Bundeskanzler Gerhard Schröder, Russlands Präsident Wladimir Putin und der französische Staatspräsident Jacques Chirac zu erklären, dass es eigentlich ein ganz normales Treffen war. Das erklärten sie allerdings ein wenig zu oft, ein wenig zu nachdrücklich. Schröder erläuterte dann noch einmal, wie es zu diesem Treffen gekommen war.

Eigentlich hatten Schröder und Putin ein bilaterales Treffen im Rahmen des deutsch-russischen „Petersburger Dialogs“. Kurzfristig lud Putin auch den französischen Präsidenten dazu. Putin und Chirac verwiesen darauf, dass es schon 1998 einen Gipfel in der selben Besetzung gegeben hatte. Die drei Staats- und Regierungschefs verteidigten sich gegen den Vorwurf, mit ihrem Dreiergipfel andere Staaten auszugrenzen oder gar eine Achse Paris-Berlin-Moskau bilden zu wollen. „Ziel unseres Treffens ist nicht die Spaltung der Staatengemeinschaft“, sagte der russische Präsident. Es handele sich um ein offenes Treffen. Auch andere hätten Einladungen nach St. Petersburg bekommen. Und Schröder ergänzte, dass sie nicht plötzlich von Politikern zu Schmieden von Achsen geworden seien.

Durch das sich abzeichnende Ende des Irak-Krieges waren die drei profiliertesten Gegner der Invasion in Zugzwang geraten: Die USA könnten im Irak schon bald eine Art Militärregierung installieren. Washington hat betont, dass die UN zwar eine Rolle im Nachkriegs-Irak spielen werden – aber keine entscheidende. Doch die Zeit läuft den drei Kriegsgegnern davon, die den Krieg nicht verhindern konnten, aber wenigstens bei der Nachkriegsordnung mitreden wollen. Aus diesem Grund hat Putin seine beiden Partner aus der Antikriegskoalition in St. Petersburg zusammengerufen und das lange geplante deutsch-russische Treffen kurzerhand um den Dritten im Bunde erweitert. Alle drei waren sich einig, dass man für den Nachkriegs-Irak nur innerhalb der UN eine Lösung finden könnte. „Wir müssen gemeinsam handeln“, sagte Putin. Das Problem müsse mit allen UN-Mitgliedsstaaten diskutiert werden. Diese Position hatten die drei auch schon vor ihrem Treffen vertreten. Zu einem gemeinsamen Vorstoß im UN-Sicherheitsrat oder auch nur einer gemeinsamen Erklärung kam es bei dem Petersburger Treffen nicht. Zu sehr waren die Drei damit beschäftigt zu erklären, dass sie gerade nicht im Alleingang handeln wollten.

Chirac betonte eindringlich, dass allein die UN die Legitimität und das moralische Recht hätten, sich um den Wiederaufbau des Irak zu kümmern. Die deutlichsten Worte sprach am Ende aber nicht Chirac, sondern Putin. Russlands Präsident hatte offene Kritik an den USA bisher vermieden – und schon vor zwei Monaten damit überrascht, dass er sich so deutlich hinter die deutsch-französische Position gestellt hat. Auch auf dem Petersburger Gipfel begann er zunächst mit versöhnlichen Tönen: Amerikaner und Briten unternähmen alles, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. „Wir sind nicht gekommen, um die Besatzungsmächte zu kritisieren", sagte Putin – und tat es dann doch: Er warnte vor Elementen eines „neuen Kolonialismus“ – und meinte offenbar die Pläne der Amerikaner und Briten für den Nachkriegs-Irak. Und in Anspielung auf ein Che-Guevara-Bild auf dem T-Shirt eines Kameramannes sagte Putin, Che Guevara habe die sozialistische Revolution exportiert, „wir sollten uns nicht mit dem Export der kapitalistischen Revolution beschäftigen.“

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