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Politik: Innenminister fordern zentrale Islamistendatei

Polizei soll auf Geheimdienstinformationen zugreifen / Verfassungsrichter für Trennung der Behörden

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Berlin - Angesichts der hohen Terrorgefahr planen die Innenminister von Bund und Ländern eine radikale Reform. Dafür soll eigenen Angaben zufolge das Trennungsgebot für Polizei und Verfassungsschutz eingeschränkt werden. Niedersachsen erarbeitet im Auftrag der anderen Länder derzeit einen Gesetzentwurf, der eine gemeinsame Islamistendatei von Polizei und Verfassungsschutz vorsieht. Damit soll die Polizei jederzeit in der Lage sein, auf Verfassungsschutz-Informationen über einzelne Islamisten zugreifen zu können. Bisher führen Polizei und Verfassungsschutz eigene Dateien, die nicht vernetzt werden dürfen. Die Polizei darf nur Daten sammeln, wenn Erkenntnisse über eine Straftat vorliegen. Der Verfassungsschutz kann auch ohne Anfangsverdacht extremistische Gruppierungen beobachten.

Im Mai hatten hochrangige Verfassungsschützer eine so genannte Aktenfundstellendatei von Verfassungsschutz und Polizei vorgeschlagen. Die Innenminister erweiterten die Idee zum Auftrag an Niedersachsen, den Gesetzentwurf für eine Islamistendatei auszuarbeiten. Anfang Juli will die Innenministerkonferenz über den aktuellen Stand beraten.

Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten geht auf eine Anordnung der Alliierten im besetzten Deutschland zurück. Damit sollte verhindert werden, dass eine allwissende und allmächtige Behörde nach dem Muster des Reichssicherheitshauptamtes entstehen kann.

Der islamistische Terror hat eine Debatte um den Sinn dieses Trennungsgebots entfacht. Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts hat sich am Freitag in Berlin deutlich dagegen gewandt, die Grenzen aufzuweichen. „Die Trennung ist ein Prinzip der Demokratie und soll Macht begrenzen“, sagte Hassemer. Dies gelte auch für die Trennung von Informationen. Hassemer klagte, man sehe „in allen Bereichen, dass sich das Trennungsgebot auflöst“ und kaputtgemacht werde. Dies geschieht Hassemer zufolge vor allem nach öffentlichem Druck. „Im Kampf gegen den Terror fordern die Bürger, der Staat solle sich nicht dümmer stellen, als er ist“, sagte er. Diese Forderung verkenne jedoch den Wert des Gebots.

Der Frankfurter Staatsrechtler Erhard Denninger forderte dagegen einen besseren Informationsaustausch zwischen Polizei und Geheimdienst. Die Vorschriften für die Datenübermittlung seien „unvollständig“, kritisierte er. Sein Bielefelder Kollege Christoph Gusy wies auf Schwierigkeiten für eine Verwertung der Informationen als Beweis in Strafprozessen hin. Das Bundesgerichtshofurteil zu Mounir al Motassadeq, der in den Terror des 11. September verwickelt gewesen sein soll, baue Hürden im Umgang mit geheim gesammelten Informationen auf.

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