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Völker bei der Verständigung. Eine Szene aus dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

© Hector Retamal / AFP

Internationaler Gerichtshof: Berliner Völkerrechtler geht als Richter nach Den Haag

Der Juraprofessor Georg Nolte wird für neun Jahre an das höchste Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen gewählt

Von Bonn über Berlin nach Den Haag, das ist aus Sicht eines Völkerrechtlers der Aufstieg in den Olymp. Dort, nah an der niederländischen Nordsee, residiert mit dem Internationalen Gerichtshof (IGH) die zentrale Rechtsprechungsinstanz der Vereinten Nationen. Ab Februar nimmt im mehr als hundert Jahre alten Haager Friedenspalast, hinter Bleiglas und Fluren aus italienischem Marmor, der Berliner Staatsrechtsprofessor von der Humboldt-Universität Georg Nolte seine Arbeit als Richter auf. Die UN-Vollversammlung in New York hat ihn zusammen mit Kandidatinnen und Kandidaten aus Japan, Uganda, der Slowakei und China turnusmäßig gewählt.

Mit Nolte, 1959 als Sohn des Historikers Ernst Nolte in Bonn geboren , gewinnt das Gericht einen erfahrenen und international renommierten Vertreter seines Fachs, der Entwicklungen auf seinem Gebiet eher mit Bedacht aufnimmt und sortiert, statt sie in eine bestimmte Richtung vorantreiben zu wollen. Noch weniger als Recht insgesamt verträgt das Völkerrecht Eile; es gilt aus der Überzeugung, dass es zu gelten hat. Mangelt es am Konsens, schwindet sein Einfluss. Ein Gesetzbuch fehlt, ebenso eine Institution, die es vollstrecken könnte.

Es wird über Staaten gerichtet, nicht über Personen

Der IGH ist nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls in Den Haag angesiedelten Internationalen Strafgerichtshof, von dem eher mal in den Nachrichten zu hören ist. Beide stehen auf UN-Fundament, doch an Noltes künftiger Wirkstätte wird über Staaten als solche gerichtet, nicht über Personen. Hier streiten sie über Grenzverläufe oder militärische Konflikte, und dies auch nur dann, wenn sie sich ausdrücklich der Gerichtsbarkeit unterwerfen. Es regiert viel Zurückhaltung, man weiß um die Dynamik, die Recht entfalten kann. Doch immerhin haben mit Deutschland 73 Staaten eine pauschale Erklärung abgegeben, versehen mit Ausnahmen freilich; so will etwa auch die Bundesrepublik nicht die Auslandseinsätze ihrer Streitkräfte vom Gericht verurteilt sehen.

Nolte war schon länger nicht nur Beobachter des Völkerrechts. Seit 2007 ist er Mitglied der UN-Völkerrechtskommission, der dritte Bundesdeutsche nach Christian Tomuschat und Bruno Simma, und damit ein Gestalter: Die Kommission erarbeitet Vorschläge zur weiteren Kodifizierung. Als Berater im Auswärtigen Amt verfügt er über einen stabilen Draht in die Politik, der ihn als natürlichen Nachfolger von Simma erscheinen ließ. Der amtierte bis 2012 als deutscher Richter, nun wird es Nolte bis 2030 sein.

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