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Scheer

© dpa

Interview: ''Andrea Ypsilanti ist das Opfer''

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer nimmt Andrea Ypsilanti gegenüber ihren Kritikern in Schutz. Hinter ihr stehe emotional wie politisch die Hessen-SPD.

Herr Scheer, haben Sie Andrea Ypsilanti falsch beraten?

Davon kann keine Rede sein. Ich habe das Programm „neue Energie für Hessen“ entworfen, das Andrea Ypsilanti zum Schwerpunkt im Wahlkampf gemacht hat und das einen grundlegenden Politikwechsel in der Energie- und damit auch der Wirtschaftspolitik ausdrückt. Es hat mit dazu beigetragen, dass die Hessen-SPD einen der erfolgreichsten Wahlkämpfe der letzten Jahrzehnte geführt und ein sensationelles Ergebnis erzielt hat. Dieses Programm wäre auch für die SPD im Bund wegweisend, denn es schafft trotz Konkurrenz der Linkspartei die Grundlage für große Wählerzuwächse.

Ihr Einfluss gilt vielen Genossen als ein Grund für Ypsilantis Scheitern. Hätten Sie das Wirtschaftsressort nicht für sich beansprucht, hätte Ypsilanti ihren Widersacher Jürgen Walter zum Minister machen und ihn so einbinden können, heißt es.

Das zeigt ein zwar übliches, aber undemokratisches Politikverständnis. Was man zum Wahlkampfschwerpunkt macht, muss man dann auch gefälligst umsetzen. Ich war immer als Wirtschaftsminister vorgesehen, öffentlich und intern. Im Übrigen beruft Herr Walter sich ja nun auf sein Gewissen. Sein persönlicher Wunschposten dürfte also gar keine Rolle gespielt haben.

Die Glaubwürdigkeit von Walter ist das eine, Ypsilantis Scheitern das andere. Gibt es keinen Fehler, den Sie sich vorzuwerfen hätten?

Andrea Ypsilanti hat über ein Vierteljahr hinweg einen breit angelegten Prozess in der Partei organisiert, der Vier-Augen- Gespräche und Probeabstimmungen beinhaltete. Mehr konnte man nicht tun, als sich darauf zu verlassen.

Lag der Keim des Scheiterns nicht darin, dass Ypsilanti nach der Wahl ihr Wort gebrochen hat, wonach es keine Zusammenarbeit mit den Linken geben sollte?

Verantwortlich sind allein die drei Abgeordneten, die fast bis zum Schluss Zustimmung signalisiert und dann völlig überraschend 24 Stunden vor der Entscheidung im Landtag ihr Gewissen entdeckt haben.

SPD-Chef Franz Müntefering hat ein Treffen mit Ypsilanti angekündigt. Was kann dabei herauskommen?

Ein solidarisches Gespräch über die Konsolidierung der SPD in Hessen, die nach der Selbstisolierung von Walter und seinen Mitfrondeuren besser möglich ist. Sie sind die Täter. Die Opfer sind Andrea Ypislanti und die hessische SPD. Das darf nicht verdreht werden.

Kann Ypsilanti bei Neuwahlen noch einmal als Spitzenkandidatin antreten?

Uneingeschränkt ja. Sie wird von der Landespartei politisch und emotional stärker getragen als je zuvor.

Stehen Sie Andrea Ypsilanti noch einmal als Schattenminister zur Verfügung?

Ich werde sie in jeder Weise unterstützen, um die sie mich bittet.

Stimmt es eigentlich, dass Sie eine rot-rot- grüne Konstellation schon vor der Hessen-Wahl ins Auge gefasst hatten?

Ich habe klar für eine rot-grüne Mehrheit mitgekämpft, und andernfalls eine Kooperation mit der Linkspartei nicht in Abrede gestellt.

Das Gespräch führte Stephan Hesselberger.

Hermann Scheer (64) ist SPD-Bundestagsabgeordneter und sollte im rot-grünen Kabinett Ypsilanti Wirtschaftsminister werden.

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