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Iran: Ahmadineschad kündigt Aufklärung von Mord an Neda an

Der iranische Präsident hat verlangt, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Er will der Ikone des Widerstands ihre Symbolkraft nehmen.

Mahmud Ahmadineschad hat die Justiz aufgerufen, den "mysteriösen Mord" an Neda Agha Soltan aufzuklären, wie die Nachrichtenagentur Mehr meldet. Das "schockierende Ereignis" werde von ausländischen Medien als Propaganda genutzt, soll Ahmadineschad in einem entsprechenden Brief geschrieben haben. Seine Gegner hätten den Fall Neda zu politischen Zwecken missbraucht.

Auch den Wächterrat soll der Präsident in dieser Sache kontaktiert haben. Er forderte die Justiz auf, den Fall ernsthaft zu verfolgen und die Täter zu finden.

Die Demonstrantin Neda Agha Soltan war am 20. Juni am Rande einer Kundgebung gegen die Wiederwahl Ahmadineschads zum Präsidenten in Teheran erschossen worden. Ein mit dem Handy gefilmtes Video, das den Tod der 27 Jahre alten Demonstrantin zeigt, hatte sich im Netz weltweit verbreitet und machte sie zur Ikone des Widerstandes.

Mussawi hat Wächterrat neuen Vorschlag unterbreitet

Der unterlegene Oppositionskandidat Mir Hussein Mussawi, der Ahmadineschad Wahlbetrug vorwirft, hat unterdessen einen neuen Vorschlag zur Klärung des Wahlergebnisses unterbreitet, wie der Sprecher des Wächterrats mitteilte. In Gesprächen mit dem Ausschuss, der den Vorwürfen der Wahlfälschung nachgehen soll, forderte Mussawi am Wochenende die Schaffung eines nationalen Schiedskomitees.

Am Montag hat unterdessen sowohl in den Provinzen wie auch in 22 Wahlbezirken der Hauptstadt Teheran die stichprobenartige Auszählung der Stimmen begonnen, berichteten staatliche Medien. Nach Massenprotesten gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl hatte der Wächterrat eine Neuauszählung von zehn Prozent der Stimmen zugestanden – der Rat hatte allerdings signalisiert, dass der Wahlsieg Ahmadineschads nicht infrage stehe.

Dementsprechend meldete die amtliche Nachrichtenagentur Irna, in einem Wahlkreis habe die Nachzählung ergeben, dass Ahmadinedschad sogar mehr Stimmen erhalten habe als nach der Auszählung am 12. Juni. Die Ergebnisse sollten noch am Montag bekanntgegeben werden.

Neue Ausschreitungen am Wochenende

Am Sonntag war es nach Tagen der Ruhe in der Hauptstadt Teheran einem Augenzeugenbericht zufolge wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Demnach gingen mit Schlagstöcken und Tränengas bewaffnete Polizisten und Angehörige der Basidschi-Milizen gegen Demonstranten vor. Einem Zeugen zufolge hatten sich mehr als 1000 reformorientierte Iraner vor der Koba-Moschee zu einer jährlichen Gedenkfeier versammelt. Die Sicherheitskräfte, die mit einem Großaufgebot angerückt waren, riegelten das Areal weiträumig ab. Daraufhin zogen die Demonstranten ab. Es waren die ersten Straßenproteste seit mehreren Tagen. Da politische Kundgebungen verboten sind, wagen sich kaum noch Oppositionelle auf die Straße.

Unterdessen ist ein Sonderausschuss gegründet worden, der über das Schicksal der festgenommenen Protestler entscheiden soll. So wolle man sicherstellen, dass es zu fairen Prozessen komme, sagte ein Justizsprecher am Montag der Nachrichtenagentur Isna. Mehrere Hundert Demonstranten, darunter Abgeordnete und Journalisten, waren Berichten zufolge bei den Massenprotesten gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadineschad festgenommen worden. Was genau den Protestlern vorgeworfen wird, ist noch nicht bekannt.

Indes verschärfte das iranische Regime gut drei Wochen nach der umstrittenen Präsidentenwahl sein Vorgehen gegen den Westen. Noch immer befinden sich vier einheimische Mitarbeiter der britischen Botschaft in Polizeigewahrsam, sie werden noch vernommen. Am Sonntag waren neun Botschaftsangehörige festgenommen geworden, am Montagvormittag dann fünf wieder freigelassen. Ihnen wird eine aktive Rolle bei den Unruhen nach der Präsidentenwahl vorgeworfen.

ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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