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Iran: Straßenschlachten zum Revolutionstag

Begleitet von schweren Konfrontationen zwischen Regimetreuen und Regierungsgegnern im ganzen Land hat der umstrittene iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad die Islamische Republik am Donnerstag offiziell zum Atomstaat erklärt.

Man habe diese Woche die erste Portion Uran auf 20 Prozent angereichert und den Forschern übergeben, erklärte der Präsident bei seiner Festrede zum 31. Revolutionstag auf dem zentralen Azadi-Platz in Teheran vor zehntausenden jubelnder Anhänger. In vielen anderen Teilen der Hauptstadt kam es dagegen zu Straßenschlachten zwischen Mitgliedern der grünen Bewegung und Revolutionären Garden. Dabei wurden nach Angaben mehrerer Websites alle drei Oppositionsführer, Mir Hossein Mussawi, Mehdi Karroubi und Mohammed Chatami, persönlich angegriffen und mit gezückten Messern bedroht. Mussawi, der eine eigene Kundgebung abhalten wollte, musste vor Tränengasgranaten in Deckung gehen. Am Sadeghieh-Platz griffen Schläger in Zivil die Autos von Karroubi und Chatami an und zertrümmerten ihre Scheiben. Die Leibwächter Karroubis wurden verletzt, Chatamis Bruder Mohammed-Reza mit seiner Frau Zara Eshraki, einer Enkeltochter von Staatsgründer Chomeini, vorübergehend festgenommen.

An vielen Plätzen schlugen Sicherheitskräfte mit Stöcken und Eisenketten auf die Menschen ein, setzten Tränengas und Farbgeschosse ein, um Demonstranten für Verhaftungen zu markieren. Die Menge antwortete mit Rufen wie „Tod dem Diktator“ und „Tod Chamenei“. Augenzeugen berichteten von brennenden Polizeiwagen und Motorrädern. Mit vor Ort waren auch kürzlich aus China gelieferte gepanzerte Wasserwerfer, die heißes Wasser gegen Demonstranten einsetzen können. Ein Handyvideo zeigte protestierende junge Leute in der Metro. Wie in Teheran kam es auch in Städten wie Tabriz, Shiraz, Maschad und Isfahan zu Unruhen.

Man werde die Anreicherung von Uran bereits „in naher Zukunft” verdreifachen, kündigte Ahmadinedschad an. Zudem sei der Iran jetzt in der Lage, das Spaltmaterial auf 80 Prozent anzureichern. „Wir tun dies aber nicht, weil wir es nicht brauchen”, sagte er und bestritt erneut, dass sein Land vorhabe, eine Atombombe zu bauen. Auf Fotos aus Teheran waren an den Ausfallstraßen endlos lange Schlangen von geparkten Bussen zu sehen, mit denen die Anhänger des Regimes aus allen Teilen des Landes in die Hauptstadt gebracht worden waren.

Ausländischen Reportern war es erneut verboten, sich ein eigenes Bild zu machen. Zwar hatte der Iran anlässlich der Revolutionsfeiern erstmals seit den Juniwahlen eine größere Zahl ausländischer Journalisten ins Land gelassen. Sie alle aber wurden zum Azadi-Platz eskortiert und durften lediglich bei der offiziellen Rede Ahmadineschads dabei sein.

Um die Opposition einzuschüchtern, hatte die iranische Justiz bereits in den letzten Tagen und Wochen hunderte von Regierungskritikern festgenommen, zwei junge Männer hingerichtet und weitere Exekutionen von Protestierern angekündigt. Nach Angaben von „Reporter ohne Grenzen“ sitzen inzwischen mehr als 65 Journalisten und Blogger wegen „Veröffentlichung falscher Informationen“ und „Beleidigung der öffentlichen Meinung“ hinter Gitter, darunter auch Mitarbeiter der staatlichen iranischen Nachrichtenagenturen. Seit Wochenbeginn ist das Internet lahm gelegt. Der Online-Konzern Google meldete, Nutzer im Iran könnten ihre Mails nichts mehr abrufen.

Der Oberste Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei hatte die Anhänger des Regimes im Vorfeld des Revolutionstages aufgerufen, in großer Einigkeit und großer Zahl auf die Straße zu gehen. „Wir müssen mit all unserer Macht präsent sein“, sagte er. Hardliner unter den Revolutionären Garden, allen voran Kommandeur Mohammad Ali Jafari, setzten sich inzwischen ohne Umschweife für eine „chinesische Lösung“ der Unruhen ein – ein Blutbad wie auf dem Tiananmen-Platz von Peking 1989. Die Führung der Armee weigert sich jedoch strikt, auf Demonstranten schießen zu lassen. Bei den letzten schweren Zusammenstößen zwischen Regimetreuen und grüner Bewegung waren am 27. Dezember, dem Ashuratag, mindestens acht Menschen getötet und über 1000 verhaftet worden.

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