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Israel: Angst vor dem Fernsehstar

Israelische Abgeordnete wollen per Gesetz den Wechsel des Moderators Yair Lapid in die Politik verhindern.

Israels Politiker wollen den TV-Starmoderator Yair Lapid ausbremsen. Sie befürchten, er könnte direkt vom Sessel des Moderators des meistgesehenen Nachrichtenmagazins auf denjenigen eines Abgeordneten oder gar Ministers wechseln.

Nach Generälen und Generaldirektoren von Ministerien nun also Journalisten: Geht es nach den Gesetzesanträgen von zwei Abgeordneten – keineswegs Hinterbänkler – so müssten Medienmenschen zwischen einem halben und einem ganzen Jahr aussetzen, bevor sie in die Politik wechseln könnten. Die allgemein gehaltenen Gesetzesvorlagen zielen jedoch einzig und allein auf Yair Lapid, der angedeutet hat, in die Fußstapfen seines vor einem Jahr verstorbenen Vaters Tommy Lapid treten zu wollen, der übergangslos vom Starjournalisten in die Politik wechselte: Parteichef, Justizminister und Vizeministerpräsident. Lapid junior sagte vor kurzem auf die Interviewfrage, ob er eine neue Partei gründen wolle: „Dies werde ich eine Minute vor den Wahlen entscheiden müssen.“

Yair Lapid hat alles, was ihn zum Spitzenpolitiker machen könnte: Er ist gut aussehend mit viel Gel in seiner leicht ergrauten Lockenpracht, durchtrainiert, charmant, intelligent und talentiert. Er stammt aus bester Familie: Sein Vater Tommy war erfolgreicher Fernsehintendant und enger Freund von Ex-Regierungschef Ehud Olmert. Der Holocaust-Überlebende und cholerische Vertreter der Antireligiösen verursachte allerdings auch zahllose Skandale. Die Mutter Shulamit Lapid, ist nicht nur in Israel, sondern vor allem auch im deutschsprachigen Raum als Bestsellerautorin und Präsidentin des Schriftstellerverbandes bekannt.

Yair Lapid wurde durch seine höchst originelle und witzig-sarkastische Kolumne in dem meistgelesenen Zeitungs-Wochenmagazin berühmt, durch seine seichte TV-Talkshow im Beckmann-Stil beliebt. schließlich wurde er durch seine Moderation eines Wochenmagazins zum politischen Machtfaktor. Er könnte, so die Furcht der Abgeordneten, als Chef einer neuen liberalen Partei die Reste der Arbeitspartei und große Teile der mit ihrer Führung unzufriedenen Kadima-Partei von Ex-Außenministerin Zipi Livni vereinen. Auch für viele der populistischen Wähler von Netanjahus nationalkonservativem Likud wäre eine Lapid-Partei eine durchaus wählbare Alternative.

Als Erste wollte ihn nun vorsorglich Ronit Tirosh von der Kadima mit einer sechsmonatigen Auszeit, auf hebräisch „Abkühlungsperiode“ genannt, ausbremsen. Ihre Idee verschärfte danach Carmel Shama vom Likud, der gar ein Jahr unfreiwilligen Ruhestand für Journalisten verlangt. Augenzwinkernd erinnert deshalb die Tageszeitung „Maariv“ daran, dass auch der Visionär des Judenstaates, der Zionismusbegründer Theodor Herzl Journalist war – für die damalige Wiener „Neue Freie Presse“. Auch gehören die vier Journalisten, die derzeit als Abgeordnete in der Knesset sitzen, zu den aktivsten Volksvertretern. Durchaus möglich, dass die Macht der Medien die Gesetzesvorlagen zu Fall bringt und somit Yair Lapid in die Politik katapultiert. Denn wie viele Abgeordnete wagen es schon, sich mit Fernsehen und Zeitungen anzulegen?

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