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Der ehemalige italienische Präsident Silvio Berlusconi kämpft um sein politisches Überleben. Zum ersten Mal ist er in seiner Partei, die mehr sein Wahlverein ist, umstritten.

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Italien: Berlusconis letzte Show

Italiens Ex-Premier und sein Kronprinz Alfano haben sich vor dem Parteitag überworfen. Der Jüngere hat nicht vor, die Regierung zu verlassen. Doch Berlusconi fordert weiter Gefolgschaft.

Er zögert. Hinter verschlossenen Türen redet er nervös mit allen. Vor der Öffentlichkeit schweigt er. Und offenbar nicht einmal seine engsten Berater wissen, was Silvio Berlusconi wirklich vorhat. Und wie er aus seiner Sackgasse jemals wieder herauskommen will.

860 Delegierte von Berlusconis PDL („Volk der Freiheit“) sind am Samstag zum Nationalkongress nach Rom geladen. Formell sollen sie das Ende der Partei und die Rückkehr zur früher so siegreichen „Forza Italia“ beschließen. Doch weiß niemand, ob der höchst seltene Parteitag nicht in letzter Minute abgesagt wird. Genauso unklar ist, wie er ablaufen soll: Will der „Presidente“ einen Monolog halten? Oder sollte tatsächlich einmal diskutiert werden in diesem auf Berlusconi maßgeschneiderten Wahlverein?

Bedarf gäbe es. Der PDL ist zerstritten, und der Ex-Premier ist erstmals nicht mehr unangefochten. Zu ihm halten die „Falken“ und die für ihn glühenden „Amazonen“. Sie wollen den letztlich unumgänglichen Ausschluss Berlusconis aus dem Parlament dazu nutzen, die große Koalition samt Regierung aufzukündigen. Die „Regierungstreuen“ argumentieren, man müsse Berlusconis Affären – die Verurteilung zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs und die daraus folgende Verbannung aus der Volksvertretung – trennen von der Politik: Eine Regierungskrise würde Italien ins Chaos stürzen. Diese Gruppe steht ausgerechnet unter der Leitung von Berlusconis einstigem „Kronprinzen“, dem formell sogar Parteivorsitzenden und Vizepremier Angelino Alfano. Ihr gehören auch die anderen vier PDL-Minister an, dazu jene 25 Senatoren, die bereits das von Berlusconi angestrengte Misstrauensvotum gegen die Regierung durch einen vorher nie gesehenen Widerstand torpediert haben.

Angelino Alfano ist Vize-Regierungschef in der italienischen Koalition. Nominell ist er auch Vorsitzender von Berlusconis Partei. Doch der ehemalige "Kronprinz" und sein Mentor haben nicht mehr viel gemeinsam.

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Für viele Beobachter spielt sich zwischen Berlusconi und dem halb so alten Alfano derzeit ein dramatischer, für beide schmerzlicher Vater-Sohn-Konflikt ab. „Verräter“ nennt Berlusconi den von ihm selbst eingesetzten Jungen. Doch Alfano, mit Engelszungen, versichert den „Presidente“ seiner unverbrüchlichen Gefolgschaft. Berlusconi, sagt Alfano, solle sich mit dem Urteil abfinden; er bleibe ja außerhalb des Parlaments „der Leader der geeinten Partei“. Berlusconi müsse nur die ein, zwei Jahre, in denen er nicht bei Parlamentswahlen antreten dürfe, zur Seite treten. Er sei ja ein großer Staatsmann. Indem Berlusconi die Regierung weiterarbeiten lasse, könne er eines Tages „die wirtschaftliche Erholung Italiens auf seine Fahnen schreiben“ und damit die „Basis für einen großen Sieg der Rechten bei den Europawahlen 2014 und den nationalen Wahlen 2015“ legen. „Berlusconi braucht keine Erben“, sagt Alfano.

Die „Falken“ hingegen treiben Berlusconi, mit den „Alfanianern“ zu brechen. Zwischendurch schien Berlusconi ihnen recht zu geben. Sogar die Schlammschlacht war eingeleitet: Alfano beschwerte sich , dass einschlägig erprobte Journalisten aus Berlusconis Medienimperium in seinem Privatleben nach Fehlverhalten und Skandalen schnüffelten.

Und doch haben Berlusconi und Alfano zuletzt ausdauernd miteinander gesprochen. Ob es heute zur Aussöhnung oder zum Bruch kommt, ist unklar. Es ist nicht mal sicher, ob die „Alfanianer“, die nach eigenen Schätzungen 40 Prozent der Delegierten auf ihrer Seite haben, den Nationalkongress besuchen werden. Zwei Szenarien gibt es: Schwenkt Berlusconi auf Alfanos Linie ein, bleibt die Regierung bestehen – und Berlusconi behält Einfluss auf sie. Kommt es zum Bruch, ist die Regierung trotzdem gesichert, denn Alfanos Leute im Parlament garantieren ihr die Mehrheit. Berlusconi hätte nichts mehr zu sagen. Mit dem Sieg der „Falken“ wäre Berlusconi am Ende.

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