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Berlusconi

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Italien: Senat stimmt für "Lex Berlusconi"

Der italienische Senat hat einen Gesetzeszusatz angenommen, der unter anderem auch Ministerpräsident Silvio Berlusconi hilft: Ein Bestechungsverfahren gegen ihn könnte ausgesetzt werden. Die Opposition ist empört.

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat am Mittwoch im Senat eine umstrittene Gesetzesänderung durchgesetzt, die ihm selbst zugute kommt. Mit den Stimmen der rechtskonservativen Mehrheit stimmte die Parlamentskammer für einen Gesetzeszusatz, demzufolge unter anderem ein laufendes Verfahren gegen Berlusconi für ein Jahr ausgesetzt werden müsste. Die Opposition verließ das Plenum vor der Abstimmung aus Protest gegen die von ihr als "Lex Berlusconi" kritisierte Initiative. Für die Gesetzesänderung stimmten 160 Senatoren, elf dagegen. Als nächstes muss das Abgeordnetenhaus zustimmen, in dem die Regierung über die absolute Mehrheit verfügt.

Verfahren von vor 2002 sollen ein Jahr lang ruhen

Die Gesetzesänderung sieht vor, dass Verfahren ein Jahr lang ruhen, die Tatbestände aus der Zeit vor Ende Juni 2002 betreffen. Ausgenommen sind Gewaltverbrechen, Fälle von organisierter Kriminalität oder Vergehen, auf die mehr als zehn Jahre Haft stehen. Die Initiatoren des Antrags begründeten ihn als Schritt zur Beschleunigung der italienischen Justizverfahren und zur Konzentration der Gerichte auf die Verfolgung von Straftaten der Mafia oder von Kapitalverbrechen.

Die Opposition kritisierte den Antrag im Parlament scharf. Die Senatoren der Demokratischen Partei (PD) von Walter Veltroni und der Partei Italien der Werte (IDV) des früheren Anti-Mafia-Richters Antonio Di Pietro verließen bei der Abstimmung demonstrativ den Saal. "Vielleicht gelingt es Berlusconi, durch das Gesetz um ein Urteil herumzukommen", sagte PD-Präsidentin Anna Finocchiaro. "Doch er hat eine große Gelegenheit verpasst, Italien zu modernisieren."

Richterverband: "beispielloses Chaos"

Der italienische Richterverband ANM erklärte, der Gesetzesänderung zufolge müsstern mehr als 100.000 Verfahren für ein Jahr ausgesetzt werden. Das werde zu einem "beispiellosen Chaos" führen, erklärte der ANM-Generalsekretär Giuseppe Cascini.

Berlusconi könnte in einem laufenden Korruptionsprozess von der Neuregelung profitieren: Er und sein früherer britischer Anwalt David Mills sind derzeit unter anderem wegen Bestechung in Mailand angeklagt - die Vorwürfe reichen in die 1990er Jahre zurück. Damals soll Berlusconi Mills 600.000 Dollar (rund 387.000 Euro) für falsche Zeugenaussagen vor italienischen Gerichten bei zwei Prozessen bezahlt haben. Der Medienunternehmer musste sich bereits mehrfach wegen Korruption vor Gericht verantworten. Bisher wurde er entweder freigesprochen oder das Verfahren wurde wegen Verjährung eingestellt.

Mit den Stimmen der rechtsgerichteten Mehrheit verabschiedete der Senat am Mittwoch außerdem einen weiteren Antrag der Regierung: Zur Verstärkung der Sicherheit sollen demnach zunächst für sechs Monate bis zu 3000 Soldaten in italienischen Großstädten stationiert werden. Auch diese Maßnahme bedarf noch der Zustimmung durch das Abgeordnetenhaus. (mga/AFP)

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