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Politik: „Jetzt oder nie“

Griechen wie Türken lehnen den UN-Plan für Zypern ab – trotz der Warnungen von Generalsekretär Annan. Nun richten sich alle Blicke auf die Volksabstimmung

Wenn ein guter Kompromiss daran zu erkennen ist, dass er bei den Streithähnen auf heftige Kritik stößt, dann hat UN-Generalsekretär Kofi Annan mit seinem Plan zur Wiedervereinigung Zyperns sein Meisterstück abgeliefert. Der griechisch-zyprische Präsident Tassos Papadopoulos zeigte sich „nicht zufrieden“ mit Annans Text und weigerte sich, ihn nach Abschluss der Gespräche in der Schweiz zu unterschreiben. Auf der anderen Seite der Grenze sagte der türkisch-zyprische Volksgruppenführer Rauf Denktasch, auch er sehe in Annans Plan nichts, wozu er Ja sagen könne. Jetzt richten sich alle Blicke auf die Volksabstimmungen am 24. April. UN und EU fordern eine Zustimmung zum ungeliebten Zypern-Kompromiss.

Fast bis zur letzten Minute hatte Annan in der Nacht zum Donnerstag im noblen Hotel „Fürigen" über dem Vierwaldstättersee versucht, Griechen und Türken aus Zypern sowie die Garantiemächte Griechenland und Türkei zu einem Kompromiss zu bewegen. Der UN-Plan sieht die Gründung eines Bundesstaates auf Zypern vor, in dem Griechen und Türken in ihren jeweiligen Bundesländern weitgehend autonom sind. Zudem wird die Ansiedlung von Griechen im türkischen Nordteil der Insel streng reglementiert. Die griechische Seite lehnte deshalb eine Unterschrift ab. Auch die griechisch-zyprische Bevölkerung kann sich nicht für den neuen Staat begeistern. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Annan den Verhandlungspartnern in der Nacht eine deutliche Warnung mit auf den Heimweg gab: „Es gibt nur die Wahl zwischen dieser Abmachung und keiner Abmachung", sagte der UN-Generalsekretär. Auch EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen betonte, für Zypern heiße es „jetzt oder nie“.

Im türkischen Inselteil ist noch nicht abzusehen, ob die Wähler „jetzt" oder „nie" sagen werden. Zwar zieht der 80-jährige Denktasch gegen den UN-Plan zu Felde und kritisiert vor allem, dass die EU die Begrenzung der Rückkehrerzahlen aus dem griechischen Süden in den türkischen Norden nicht bis in alle Ewigkeit garantieren will. Doch Denktaschs eigener Sohn Serdar nahm an den Verhandlungen in der Schweiz teil: Ausdruck eines Generationenkonflikts zwischen älteren Zyperntürken und der jungen Bevölkerung, die vor allem in die EU will.

Ein Wermutstropfen aus türkischer Sicht ist, dass die UN der Halbinsel Karpaz im türkischen Teil Zyperns einen Sonderstatus verleihen wollen, damit sich in dortigen ehemals griechischen Dörfern wieder viele Griechen ansiedeln können. Trotzdem rief der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Griechen und Türken auf, der Wiedervereinigung zuzustimmen und „den Weg des Friedens“ gemeinsam zu gehen. Der türkische Premier wird sich möglicherweise persönlich im türkischen Teil Zyperns am Wahlkampf beteiligen und den dortigen pro-europäischen Regierungschef Mehmet Ali Talat unterstützen. Erdogan will das Zypernproblem los sein, das die türkische EU-Bewerbung gefährdet – und das kann er nur mit einer Wiedervereinigung Zyperns schaffen.

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