zum Hauptinhalt
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Haus der Bundespressekonferenz.

© Wolfgang Kumm/dpa

Juristen kritisieren Lauterbach: Der Gesundheitsminister gerät in Erklärungsnot

Die Debatte um die Verkürzung des Genesenenstatus ist noch nicht vorbei – und könnte für Karl Lauterbach zum Problem werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Und es wird doch noch ernst für Karl Lauerbach. Für das RKI, das Robert Koch-Institut, sowieso. Was vermeintlich als Posse begann, nämlich die Verkürzung der Gültigkeit des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate, wächst sich zur Herausforderung aus: für die Führungsfähigkeit des Gesundheitsministers.

Denn ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag, das dem Tagesspiegel vorliegt, meldet große Zweifel an, ob der Vorgang „verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt“. Die neue Verordnung verweist auf die Webseite des RKI; Information und Entscheidung, wie lange der Genesenenstatus gilt, per Mausclick?

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Das wird der Bedeutung nicht gerecht, urteilen die Fachleute des Bundestags. Die Frage, wer wie lange als geimpft oder genesen gilt, sei „von hoher Relevanz für die Wahrnehmung von Grundrechten“. Die „Regelung des Immunitätsnachweises“ bilde „die Grundlage für die Frage, ob die Grundrechte der betroffenen Person durch die Corona-Maßnahmen beschränkt werden dürfen oder ob aufgrund der Immunisierung eine Ausnahmeregelung gelten kann“.

Mehr noch: Der Wissenschaftliche Dienst bemängelt, dass die Bundesregierung „wesentliche Aspekte der Regelung zum Genesenennachweis nicht mehr selbst regelt, sondern dies einer weiteren Stelle, nämlich dem RKI, überlässt“. Das missfällt auch den Juristen des Bundestags.

Aktuell beliebt bei Tagesspiegel Plus:

Und jetzt: Wird begütigt? Verharmlost. Als Missverständnis dargestellt? Nichts davon würde tragen. Immerhin ist weiter ungeklärt, wie das RKI überhaupt zu dieser Entscheidung gelangte, ob selbstmächtig oder auf Weisung. Minister Lauterbach will ja von nichts vorher gewusst haben. Außerdem ist der europäische Beschluss - sechs Monate Genesenenstatus - mit deutscher Stimme gefasst worden. Das ist unter allen Umständen auch schwierig zu erklären.

Steht Scholz hinter Lauterbachs Kurs?

Überhaupt verändert sich mittlerweile die öffentliche Wahrnehmung sowohl des RKI als auch die Lauterbachs. Seine Vorhersagen in Sachen Omikron werden zunehmend konterkariert durch die demonstrative Gelassenheit des Bundeskanzlers, seines Parteifreundes Olaf Scholz.

Der nährt damit den Eindruck in Koalitionskreisen, dass er nicht aus voller Überzeugung hinter Lauterbachs Kurs steht, sondern sich verhält, als sei er nur an seiner Berufung nicht vorbeigekommen. Das kann noch ernst werden - nur in der Regierung nicht jetzt. Die ohnedies national und international unter Druck stehende Koalition verträgt nicht auch noch einen frühen Personalwechsel. Bei den Ministern. In nachgeordneten Stellen schon eher.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false