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Politik: Kammern des Schreckens

USA entdecken Beweise für Saddams Foltermethoden. Gefangene noch in unterirdischen Zellen eingeschlossen?

Massenvernichtungswaffen haben die US-Truppen im Irak bisher nicht gefunden. Aber nun tauchen Beweise für die Foltervorwürfe, die willkürlichen Festnahmen und Exekutionen auf, die Menschenrechtsorganisationen seit Jahrzehnten anprangern. So sind jetzt die ersten Bilder der Folterkammern des irakischen Regimes zu sehen. Am Freitag fanden sich Hunderte Iraker im Hauptquartier des Geheimdienstes in Bagdad ein, wo sie Angehörige in unterirdischen Zellen vermuteten. Einige begannen mit Hacken den Boden aufzubrechen, kamen aber an Stahlplatten nicht weiter. Angeblich waren darunter menschliche Stimmen zu hören. „Wo sind die Amerikaner?“, rief die Menge. Die aufgebrachten Menschen fürchten, dass die Gefangenen verhungern und verdursten könnten. Die Eingänge zu dem unterirdischen Zellenlabyrinth werden an versteckten Orten, beispielsweise in Privathäusern in der Umgebung vermutet. Außerdem tauchte eine Liste mit etwa 200 Armeeangehörigen kurdischer Herkunft auf, die angeblich 1994 verschleppt wurden.

In Basra war bereits Mitte der Woche das Hauptquartier der Geheimpolizei geöffnet worden. Dort waren winzige, fensterlose Zellen zu sehen, in einem Raum hingen Fleischerhaken von der Decke, die wahrscheinlich zum Aufhängen von Gefangenen verwendet wurden. Aus dem weißen Steingebäude, das von den Irakern „Weißer Löwe“ genannt wurde, waren nach Angaben von Augenzeugen „Tag und Nacht schreckliche Schreie“ zu hören. „Es war ein Ort des Grauens“ zitiert AP den Iraker Hamed Fattil, der mit seinen zwei Brüdern 1991 hier eingesessen hatte. Er kam nach acht Monaten frei, seine Brüder hat er nie wieder gesehen. „Sie hängten uns an Lederschlaufen einen Meter über dem Boden auf und dann schlugen sie zu“, wird Fattil zitiert. Auch Elektroschocks und Säurebäder seien als Foltermethoden angewandt worden. Manchen Gefangenen seien die Fuß- und Zehennägel gezogen worden. In einem durch Maschendraht abgetrennten Trakt seien Frauen und Kinder festgehalten worden. Manchmal seien vor den Augen anderer Häftlinge Gefangene mit siedendem Wasser übergossen worden.

US-Marines berichten, sie hätten in Nassiriyya, 400 Kilometer südlich von Bagdad, ein Gebäude gefunden, das wahrscheinlich ein Folterzentrum war. Darin hätten verkohlte Leichenreste sowie Eisengitter gelegen, die möglicherweise für Elektroschocks benutzt wurden. Die Menschenrechtsorganisationen „Amnesty International“ und „Human Rights Watch“ warfen dem Regime Saddam Husseins seit langem Massentötungen, Folter, Zwangsvertreibungen und Sippenhaft vor. „Brutalste körperliche und psychologische Folter“ sei systematisch an politischen Gefangenen angewendet worden. Damit wurde die Angst der Menschen geschürt, auf der das diktatorische System basierte.

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