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Politik: Keine Ruhe mit Riester

Erst 2,5 Millionen Menschen nehmen die staatliche Rentenförderung in Anspruch. Sie lohnt – reicht aber nicht aus, sagen Kritiker

Wird Bundesrentenministerin Ulla Schmidt das größte Reformprojekt ihres Vorgängers Walter Riester retten? Mit ihrem Vorstoß, die staatlich geförderte Riester-Rente zu einer Zwangsversicherung für alle Bürger zu machen, könnte die Ministerin der privaten Versicherung den dringend benötigten Schub verleihen. Denn trotz der Zulagen, die der Bund den Riester-Sparern zahlt, hat bisher nur eine Minderheit der Deutschen einen geförderten Rentenvertrag abgeschlossen. Fast 41 Millionen Menschen sind förderberechtigt, doch bis Ende September waren erst rund 2,5 Millionen Riester-Policen unter Dach und Fach, berichtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Daran ist die Politik nicht ganz unschuldig, sagt die Versicherungsbranche. Die Werbung blieb den Versicherern überlassen, die sich mehr Unterstützung erhofft hätten. Hinzu kamen neue Irritationen im Wahlkampf. Die Opposition versprach den Bürgern eine verbesserte Förderung im Falle eines Wahlsiegs, und diese warteten den Wahlausgang sicherheitshalber erst einmal ab. Nach der Wahl tauchte die Riester-Förderung überraschend als Streichposten auf der rot-grünen Giftliste auf – auch das schafft nicht gerade Vertrauen.

Die Kürzungsvorschläge verschwanden schnell wieder in der Versenkung, zurück blieb Skepsis. Und die hält an. Denn was die Regierung mit der Riester-Rente anstellen will, ist unklar. „Wir wollen der Rürup-Reformkommission nicht vorgreifen“, heißt es im Ministerium. Der Bundeskanzler will angeblich die Riester-Rente entbürokratisieren und die Fördermöglichkeiten flexibler gestalten. Das wollen auch die Grünen.

„Die private Vorsorge muss eine größere Rolle spielen“, fordert der sozialpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Markus Kurth. Die betriebliche Altersvorsorge, bei der Arbeitnehmer seit diesem Jahr bis zu 2160 Euro steuer- und sozialabgabenfrei in Pensionsfonds oder -kassen einzahlen können, sei tragfähig, meint der grüne Sozialpolitiker. Die private Riester-Rente, die der Staat mit Zulagen fördert, reiche dagegen nicht aus: „Das muss mehr werden.“ Die Grünen wollen das Angebot an geförderten Produkten ausdehnen und auch riskantere Anlagen einbeziehen. Die Reformüberlegungen sollten die Bürger aber nicht verschrecken: „Die Menschen können sich auf die Riester-Rente verlassen“, betont Kurth. Außerdem gehe es bei der Riester-Rente ohnedies nur um kleine Beträge.

Genau das kritisieren diejenigen, die der gesetzlichen Rente nicht über den Weg trauen. „Die Riester-Rente ist zu klein“, sagt Stefanie Wahl, Mitstreiterin des Renten-Kritikers Meinhard Miegel. Die Regierung solle den Bürgern endlich reinen Wein einschenken. „Die Bürger wissen gar nicht, wie schlimm es um die gesetzliche Rente steht“, meint die Vertreterin des Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft, das sich bereits seit Jahren für einen Systemwechsel hin zu einer steuerfinanzierten Bürgerrente stark macht. Wenn die Leute wüssten, wie groß der Handlungsbedarf ist, würden sie private Vorsorgeverträge schließen – aus eigenem Antrieb. „Zwei Drittel der Bürger könnten aus eigener Kraft vorsorgen“, schätzt Wahl, „die staatliche Förderung brauchen sie nicht“.

Dabei hatte alles so erfolgversprechend angefangen. Besonders in den neuen Ländern lief das Geschäft gut. Marktführer Allianz konnte in seinen Niederlassungen Berlin und Leipzig, die gemeinsam das gesamte Ost-Geschäft abdecken, rund 160 000 Verträge unter Dach und Fach bringen – ein Anteil von 40 Prozent an allen Riester-Verträgen, die der Versicherungskonzern 2001 abschließen konnte. Doch dann kam der Knick.

Jetzt hofft Klaus Dauner, Berliner Landesdirektionschef der Allianz-Lebensversicherung, dass die Talsohle durchschritten ist. „Es geht wieder leicht aufwärts“. Einfacher wäre das Geschäft jedoch, wenn auch die Regierung mitziehen würde: „Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur Riester-Rente“, wünscht sich der Allianz-Mann. Die anfängliche Skepsis ist gewichen, heute rät auch die Stiftung Warentest ausdrücklich zum Abschluss eines privaten Vorsorgevertrags.

Stiftung Warentest: Finanztest Spezial „Die Riester-Tests“, 7,50 Euro

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