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Was kostet uns der Klimawandel?

© dpa

Klimagipfel in Doha: Die Milliarden-Hürde

Zentraler Streitpunkt in Doha ist die Finanzierungsfrage: Industrienationen und Entwicklungsländer verhandeln über die Kosten des Klimawandels und um das Kyoto-Protokoll. Das läuft zum Jahresende aus.

Die Verhandlungen über eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls sind vorerst gescheitert. Auf der Klimakonferenz in Katar sollte ursprünglich am Donnerstag der Vertragsentwurf beschlossen werden, aber die Delegierten der sogenannten Ad hoc Working Group konnten sich nicht einigen. Ein Delegierter der EU bezeichnete das allerdings als „nicht dramatisch“: In Doha tagen genau genommen drei verschiedene Klimakonferenzen. „Wenn wir Fortschritte in den anderen Verhandlungssträngen hinbekommen, ist auch eine Einigung beim Kyoto-Protokoll möglich.“

Das 1997 beschlossene Abkommen ist der weltweit einzig völkerrechtlich bindende Vertrag zum Klimaschutz. Allerdings läuft dieser zum Jahresende aus: Die Delegierten wollten sich 1997 offen halten, 2012 zu überprüfen, ob die Reduktionspflichten aus der ersten Periode ausreichen, um die Erderwärmung zu stoppen. Heute sind 40 Prozent mehr Treibhausgase in der Atmosphäre als im Kyoto-Basisjahr 1990. Deshalb sollen die Reduktionsziele in der zweiten Periode deutlich strenger werden. Dagegen aber sträuben sich die USA, Japan, Russland und Kanada – sie wollen aus dem Kyoto-Protokoll aussteigen.

Und auch die EU bleibt deutlich hinter dem Machbaren zurück: Sie hat eine Selbstverpflichtung von 20 Prozent bis 2020 angeboten. „Viel zu wenig“, schimpft ein Delegierter der Entwicklungsstaaten. Schließlich werde die EU mit ihren beschlossenen Maßnahmen dieses Ziel spätestens 2015 erreichen. Aber die EU kann aus formalen Gründen einfach nicht mehr auf den Tisch legen: Polen hat im EU-Ministerrat einen 30-Prozent-Beschluss blockiert.

Die Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll sind aber eigentlich das kleinste Problem in Doha. Viel größere Unwägbarkeiten gibt es in der zweiten Verhandlungsgruppe, dem sogenannten LCA-Track. Hier geht es um Versicherungsfragen, um Patente und vor allem um sehr viel Geld. Was passiert etwa mit einem Staat, der wegen des steigenden Meeresspiegels umgesiedelt werden muss? Wer nimmt die Flüchtlinge auf, wer zahlt für ihren verlorenen Besitz? Vor allem die Allianz der kleinen Inselstaaten Aosis fordert, dass die Verursacher, die Industrieländer, dafür zahlen, Flüchtlinge aufnehmen und mit Bürgerrechten ausstatten sollen. Dagegen wehren sich die Industriestaaten strikt.

Die Entwicklungsländer wollen nicht einfach „Aufstellfläche für europäische Solartechnik“ werden. Sie fordern in dieser Verhandlungsgruppe, dass die Industriestaaten ihnen kostenlos die Patente für Biomassekraftwerke oder Windräder zur Verfügung stellen. Das weisen die Industriestaaten als „grotesk“ zurück. Entsprechend festgefahren sind die LCA-Verhandlungen.

Zentral in dieser Gruppe ist aber die Finanzierungsfrage: Die Weltbank hatte ermittelt, dass die Länder des Südens ab 2020 einen Finanzbedarf von jährlich 100 Milliarden Dollar haben, um auf die Folgen der Erderwärmung zu reagieren. Und weil der Norden seine Schuld am Problem prinzipiell eingestanden hat, sagte die Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 auch eine „Anschubfinanzierung“ zu: jährlich zehn Milliarden Dollar bis 2012. Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht. Die Entwicklungsländer fordern 20 Milliarden Dollar für 2013 und die folgenden Jahre.

Um neuen Schwung in die Gruppe zu bringen, haben einige europäische Staaten jetzt knapp sechs Milliarden Euro für das kommende Jahr auf den Tisch gelegt. Deutschland hat sein Budget von 1,4 auf 1,8 Milliarden Euro erhöht. Das könnte dem Klimagipfel in Doha doch noch zum Durchbruch verhelfen.

Entscheidend nämlich ist der dritte Verhandlungsstrang, die sogenannte Durban-Plattform. Im vergangenen Jahr hatten sich alle Länder auf der Klimakonferenz in Südafrika darauf geeinigt, einen neuen Klimaschutzvertrag auszuhandeln, der alle Staaten mit Reduktionspflichten belegt. Dieser Vertrag soll 2015 stehen, auf der Klimakonferenz in Doha muss dafür eine Agenda aufgestellt werden. Das geht allerdings nur, wenn die beiden anderen Verhandlungsstränge abgeschlossen sind.

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