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Arbeitslosengeld I: Koalition lehnt längere Bezugsdauer ab

Die Linksfraktion will erreichen, dass das Arbeitslosengeld I deutlich länger bezahlt wird. Union und SPD wiesen den Vorstoß im Bundestag einmütig zurück.

Berlin - Das Arbeitslosengeld I (ALG I) gibt es nur noch für 12 Monate und für über 55-Jährige für maximal 18 Monate. Nach den Plänen der Linksfraktion sollten Beschäftigte pro Jahr, in dem sie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt haben, bei Erwerbslosigkeit einen Anspruch auf einen Monat Arbeitslosengeld I erhalten. Für über 60-Jährige soll es unabhängig von Beschäftigungszeiten mindestens 30 Monate bezahlt werden. Der Finanzbedarf von schätzungsweise 2,5 Milliarden Euro soll durch Umfinanzierung zu Lasten des Fiskus gedeckt werden.

Für die Union wies Gerald Weiß (CDU) den Antrag der Linksfraktion zurück: Die Forderung nach längeren ALG-I-Bezugszeiten laufe auf "ein gigantisches neues Vorruhestandsprogramm" mit negativen Auswirkungen auf die Beschäftigungschancen Älterer hinaus. Arbeits-Staatssekretär Gerd Andres (SPD) betonte, die Bundesregierung denke "überhaupt nicht daran", die Zahlung von Arbeitslosengeld wieder zu verlängern. Die Reformen zeigten positive Ergebnisse, auch bei Langzeitarbeitslosen: "Es ist kräftig Bewegung im System."

Lafontaine: Enteignung älterer Arbeitnehmer

Linksfraktions-Chef Oskar Lafontaine machte die Bundesregierung und die Hartz-IV-Arbeitsmarktreform für die Talfahrt der Löhne in Deutschland verantwortlich. Die Reform führe zur Enteignung älterer Arbeitnehmer, die bei Arbeitslosigkeit nur einen Bruchteil ihrer Beitragszahlungen zurück erhielten. Das sei ein "Skandal". Der FDP- Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel kritisierte die Hartz-IV-Umsetzung und forderte erneut die Auflösung der Bundesagentur für Arbeit.

In der zeitweise sehr turbulenten Debatte - in der sich Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) zu einer Ermahnung Lafontaines wegen persönlicher Vorwürfe gegen den CDU-Abgeordneten Weiß ("arrogant und dumm") veranlasst sah - prallten die konträren arbeitsmarktpolitischen Positionen von Koalition und Opposition heftig aufeinander.

Grüne: Reform "zerrupft und verbogen"

Die Linksfraktion warf der Bundesregierung vor, sie ignoriere die Probleme mit Hartz IV. Union und SPD wiesen dies zurück und warfen der Linksfraktion ihrerseits "Populismus" und "Selbstgerechtigkeit" vor.

Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer verteidigte die Hartz-IV-Reform grundsätzlich. Die große Koalition habe die Reform aber "zerrupft und verbogen". Dabei sei die Balance von Fördern und Fordern auf der Strecke geblieben. Sie forderte die Fortentwicklung von Hartz IV, auch durch Anpassung des ALG-II-Regelsatzes an die steigenden Kosten der Lebenshaltung. (tso/dpa)

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