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Bundeskanzlerin Angela Merkel, der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer (l) und SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel (r) geben Einigung auf Asylverschärfung bekannt.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Update

Koalitionsgipfel zu Flüchtlingen: Koaltition einigt sich auf weitere Verschärfung der Asylpolitik

Nach wochenlangem Streit hat sich die schwarz-rote Koalition am Donnerstag auf eine Verschärfung der Asylpolitik geeinigt. Dazu gehören auch besondere Aufnahmelager für Flüchtlinge mit geringen Bleibechancen.

Die Spitzen der schwarz-roten Koalition haben sich nach wochenlangem Streit auf Grundzüge zur Beschleunigung von Asylverfahren geeinigt. Die große Koalition hat sich auf ein Paket neuer Maßnahmen verständigt, um den Zuzug von Flüchtlingen besser zu kontrollieren und die Asylverfahren zu beschleunigen. Geplant seien die Einrichtung von Registrierungszentren, eine Verschärfung der Residenzpflicht, die Einführung eines einheitlichen Flüchtlingsausweises und eine Eigenbeteiligung von Flüchtlingen an den Kosten von Sprach- und Integrationskursen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend in Berlin.

Zuvor hatte sie mit den Chefs der Koalitionsparteien SPD und CSU, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer, über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingspolitik beraten. "Alles in allem sind wir einen guten wichtigen Schritt vorangekommen", sagte Merkel. "Wir machen das in dem Geist, dass wir das schaffen können."

Bundesweit drei bis fünf Registrierzentren geplant

Die neuen Maßnahmen zielen besonders auf jene Flüchtlinge ab, die aus sicheren Herkunftsstaaten kommen und kaum Aussicht auf Annahme ihres Asylantrags haben. Für diese Flüchtlinge sollen bundesweit drei bis fünf Registrierzentren eingerichtet werden, wo sehr schnell über die Anträge entschieden wird: Das Verwaltungsverfahren soll auf eine Woche begrenzt werden, für die Einlegung von Rechtsmitteln soll es eine weitere Woche geben. Nach der Ablehnung des Asylantrags sollen die betroffenen Flüchtlinge direkt aus den Registrierzentren in ihre Heimat abgeschoben werden.

Verschärfung der Residenzpflicht beschlossen

Für die Flüchtlinge in den Registrierungszentren soll zudem eine verschärfte Residenzpflicht gelten: Sie dürfen sich nur im Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde bewegen. Verstöße gegen die Vorschrift sollten "erhebliche Auswirkungen" haben, sagte Merkel. Wer sich nicht an die Residenzpflicht halte, verliere seinen Anspruch auf soziale Leistungen, zudem ruhe der Asylantrag. Bei einem zweifachen Verstoß gegen die Residenzpflicht soll eine sofortige Ausweisung erfolgen.

Die Einrichtung der Registrierungszentren sei "eine wichtige Maßnahme, um deutlich zu machen, dass wir hier die gesamte Abfolge beschleunigen wollen", sagte Merkel.

Flüchtlinge sollen für Integrationskurse bezahlen

Eine weitere Neuerung soll künftig eine verpflichtende Registrierung und die Einführung eines einheitlichen Flüchtlingsausweises sein. Registrierung und Ausweis sollten künftig Voraussetzung für die Abgabe eines Asylantrags und die Gewährung von sozialen Leistungen sein, sagte Merkel. Zudem sollten Flüchtlinge, die Sozialleistungen erhielten, künftig eine "überschaubare Eigenbeteiligung" für die Kosten von Sprach- und Integrationskursen leisten.

Familiennachzug soll ausgesetzt werden

Wie von der Union verlangt, soll für eine bestimmte Flüchtlingsgruppe für zwei Jahre der Nachzug von Angehörigen ausgesetzt werden. Dies gilt demnach für Menschen, die nicht nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder dem Asyl-Grundrecht anerkannt werden, aber in der Bundesrepublik bleiben dürfen. Sie erhalten nur einen sogenannten „subsidiären Schutz“ in Deutschland.

Verstärkung von Frontex soll schnell umgesetzt werden

Union und SPD betonen den dpa-Informationen zufolge die Notwendigkeit eines strikten Schutzes der EU-Außengrenzen. Die beschlossene Verstärkung von Frontex soll schnellstmöglich umgesetzt werden.

Die Koalitionspartner unterstreichen den Willen Deutschlands, sich gemeinsam mit den USA weiter an der Stabilisierung Afghanistans zu beteiligen. Die von der Union angepeilte Einrichtung spezieller Schutzzonen in dem Land, in die abgelehnte Asylbewerber zurückgeschickt werden könnten, kommt in einem gemeinsamen Papier beider Seiten nicht vor.

Weit mehr Flüchtlinge erwartet als bisher angenommen

Der große Flüchtlingsandrang bringt die offizielle Prognose von 800 000 Asylbewerbern in diesem Jahr in Deutschland immer stärker ins Wanken. Bisher wurden schon 758 000 Flüchtlinge registriert, wie das Bundesinnenministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte. Wichtigste Herkunftsländer der bisher registrierten 758 000 Flüchtlinge waren Syrien, Albanien, Afghanistan, der Irak und das Kosovo.

Die im August vorgelegte Regierungsprognose von 800 000 Menschen bis Jahresende ist damit kaum noch zu halten. Dies wären mit Abstand so viele wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Seit Wochen gibt es inoffizielle Schätzungen und Hochrechnungen, dass die Zahl deutlich höher liegen könnte - bei 1,0 bis 1,5 Millionen.

(AFP/dpa)

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