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Koalitionsverhandlungen: Verzögerter Abschluss in Thüringen

Mit etwas Verspätung sollen die Koalitionsverhandlungen in Thüringen nun erst am Montag beendet werden.

Erfurt - Ursprünglich war der Abschluss der Gespräche bereits für Samstagabend geplant. Allerdings haben sich CDU und SPD die größten Probleme bis zum Schluss aufgehoben. Das führt jetzt zur Verzögerung. „Da liegen noch ein paar dicke Brocken vor uns“, sagte SPD-Verhandlungsführer Christoph Matschie. Viele strittige Punkte seien noch offen. Laut der designierten Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) werden jetzt „die schwierigsten Teile überhaupt“ verhandelt. Der Koalitionsvertrag soll nun am Dienstag den Parteigremien und am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Der Zeitplan belegt: Beide Seiten gehen nicht mehr von einem Scheitern aus. Ihr Hinweis auf „harte Auseinandersetzungen“ soll wohl auch ein Signal an die Basis sein, dass man bis zum Äußersten verhandelt. Zwar sind die Gespräche schwierig. Aber die Atmosphäre wird als sach- und zielorientiert beschrieben. Nach zähen Sondierungen der SPD, die auch mit Linkspartei und Grünen verhandelte, wird jetzt aufs Tempo gedrückt.

Schon vor dem gestrigen Spitzentreffen von Lieberknecht und Matschie waren etliche Hürden beiseite geräumt. Nach ihrer krachenden Wahlniederlage zeigte sich die CDU zu Zugeständnissen bereit, um sich in eine Regierung unter Lieberknechts Führung zu retten. So sollen 2000 weitere Kindergärtnerinnen eingestellt werden, eine seit langem erhobene Forderung von SPD, Linkspartei und Grünen.

Darüber hinaus setzt sich die SPD voraussichtlich mit der Einführung der Gemeinschaftsschule durch, die längeres gemeinsames Lernen ermöglicht. Der Verwaltungskostenbeitrag für Hochschulstudenten von 50 Euro pro Semester, der zu wütenden Protesten geführt hatte, wird wieder abgeschafft. Sogar bei Mindestlöhnen kommt die Thüringer Union den Sozialdemokraten offenbar entgegen. Nach dem Vorbild von Hamburg und Berlin soll ein Vergabegesetz festschreiben, dass nur noch Firmen öffentliche Aufträge erhalten, die Mindest- oder Tariflohn zahlen.

Für die bisher konservative Thüringer CDU unter Dieter Althaus, der mit absoluter Mehrheit regierte, ist das alles nahezu eine Revolution. Trotzdem gilt es als ausgemacht, dass der Koalitionsvertrag von der Partei abgesegnet wird. Als Trostpflaster setzt sich die CDU vermutlich mit ihrer Ablehnung einer Verwaltungs- und Gebietsreform durch. Das sei einer der großen Streitpunkte, hieß es. Hinzu kommt die angespannte Finanzlage. Matschie zufolge könnte im nächsten Jahr auch ohne neue Vorhaben knapp eine Milliarde Euro im Landeshaushalt fehlen.

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Christoph Matschie (SPD) -

© ddp

Trotz der großen Zugeständnisse fremdelt die SPD-Basis noch mit dem langjährigen politischen Gegner CDU. Vielen Genossen ist stattdessen ein Linksbündnis eine Herzensangelegenheit. Zunehmend aber gelingt es der Parteispitze um Matschie, die Basis vom neuen Bündnispartner zu überzeugen. Der Aufruhr einiger „Rebellen“ um den Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein wurde inzwischen eingefangen. Eike Kellermann

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