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Atomkraftwerke: Koch fordert erneut längere Laufzeiten

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat den Streit über die 17 deutschen Atomkraftwerke wieder angefacht: Er machte sich ebenso wie führende Wirtschaftsvertreter erneut für eine Ausdehnung der Laufzeiten stark.

Berlin - Die Grünen und Umweltorganisationen forderten hingegen ein Ende der Debatte. Das Thema Laufzeiten werde auf dem Energiegipfel in einigen Wochen eine Rolle spielen, sagte Koch auf einer Veranstaltung des Deutschen Atomforums. "Angesichts des hohen Sicherheitsstandards sollten die Laufzeit verlängert werden."

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer kritisierte Koch: "Längere Laufzeiten sind keine Übergangslösung, sondern die Einstiegsdroge für mehr Atomkraft." Der Parlamentarische Umwelt-Staatssekretär Michael Müller (SPD) warf dem CDU-Politiker vor, den Provokateur zu spielen.

Koch hält mittelfristig den Bau neuer Kernkraftwerke für denkbar. Derzeit sei dies unwahrscheinlich, könnte aber möglicherweise in fünf Jahren ein Thema werden, sagte er. Voraussetzung sei allerdings, dass ein Energieversorger einen Bauantrag dafür stelle. Anfang April will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Vorständen der größten Energiekonzerne treffen, um unter anderem über die hohen Strompreise zu reden.

Die frühere rot-grüne Bundesregierung hatte die Laufzeit der Atomkraftwerke im Konsens mit den Betreibern auf 32 Jahre begrenzt. Daran will Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) nicht rütteln. Seit dem Regierungswechsel zu Schwarz-Rot mehren sich allerdings vor allem in Union und Wirtschaft die Stimmen für ein Festhalten an der Atomkraft. "Der Kernenergie-Ausstieg ist aus unserer Sicht eine Fehlentscheidung", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Jürgen Thumann. Er befürchtet dadurch einen weiteren Anstieg der Strompreise, was die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland beeinträchtigen könnte.

Auf der Agenda des Gipfels steht auch die Versorgungssicherheit Deuschlands mit Energie. Bütikofer sieht, anders als Koch und die Energiewirtschaft, diese durch Uran nicht gesichert. Der Vorrat sei in 65 Jahren erschöpft. Die Atomkraft sei gänzlich ungeeignet, um Deutschland eine energiepolitische Versorgungssicherheit zu garantieren, sagte auch Greenpeace-Atomexperte Thomas Breuer mit Verweis auf ein Gutachten der Umweltorganisation. Das Wirtschaftsministerium rechnet hingegen damit, dass die weltweiten Uran-Vorkommen für mindestens 200 Jahre genügen.

Die deutschen Stromkonzerne stehen vor einem gewaltigen Investitionsprogramm und fordern daher sichere Rahmenbedingungen von der Politik. Bis zum Jahr 2010 wollen die Konzerne rund 40 Milliarden Euro in die Erneuerung ihres Kraftwerkparks investieren. Dabei setzen die Versorger auf Kohle- und Gaskraftwerke. Der Bau neuer Kernkraftwerke ist derzeit nicht geplant, was Branchenvertreter auch mit der Ablehnung in weiten Teile der Bevölkerung begründen.

Begleitet wurde die Veranstaltung des Atomforums von Protesten von Umweltschützern. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) brachte ein lebendiges Schwein zum Tagungsort. "Unsere Mitarbeiter protestieren damit gegen jene Politiker, die fast täglich die Atom-Sau durchs Dorf treiben", sagte BUND-Energieexpertin Renate Backhaus. (tso/dpa)

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