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Helmut Kohl mit Ehefrau Maike in der Heimat in Oggersheim.

© Daniel Roland / AFP

Kohl-Zitate: Rekordsumme für schräge Töne

Dokument der Zeitgeschichte? Oder ein Verrat? Der Streit um Kohls Protokolle wird weitergehen.

Fünf Millionen Euro hatten die Anwälte Helmut Kohls verlangt, nun soll der Altkanzler immerhin noch eine Million erhalten. So legte es das Kölner Landgericht am Donnerstag fest, das sich vor längerem für eine Entschädigung wegen des Buchs „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens ausgesprochen hatte. Nur die Höhe war noch offen. Zahlen sollen die Autoren gemeinsam mit Random House, in dessen Heyne-Verlag das Werk erschienen war. 116 Zitate verletzten demnach Kohls Persönlichkeitsrechte. Darüber hinaus wird Schwan verpflichtet, Auskunft über den Verbleib der Tonbänder zu geben, mit denen er die Gespräche aufgezeichnet hatte. Kohl soll später verlangen dürfen, dass sie einschließlich aller Kopien herausgegeben werden.

Der Autor meint, er habe einen "Schatz"

Der Altkanzler hatte den früheren WDR-Journalisten Schwan ursprünglich als seinen persönlichen Memoirenschreiber verpflichtet, der sich zu diesem Zweck zu vielstündigen Gesprächen im Keller von Kohls Oggersheimer Bungalow bei Ludwigshafen einfand. Nach den Sitzungen trug Schwan die Dokumente zur Auswertung zu sich nach Hause. Als es zwischen den beiden zum Bruch kam, behielt Schwan die Bänder als sein „Schatz“, wie er Journalisten sagte.

Den Wert des „Schatzes“ mögen Historiker beurteilen; kurzfristig verschaffte er den Autoren und ihrem Buch vor allem deshalb eine erhebliche Aufmerksamkeit, weil Kohl ungefiltert und im O-Ton über Politiker lästerte, frühere wie aktive. So war dort etwa über Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu lesen, sie könne nicht richtig mit Messer und Gabel umgehen oder lungere bei Staatsessen herum. Der Frühere Bundespräsident Christian Wulff (CDU) wurde als „ganz großer Verräter“ und „Null“ abgestraft.

200.000 Bücher wurden verkauft

Die Kölner Justiz hatte den Vertrieb des Buchs frühzeitig gestoppt, doch immerhin wurden noch rund 200.000 Stück verkauft. Der wirtschaftliche Erfolg dürfte mit der drohenden Entschädigung einen deutlichen Dämpfer erhalten. Doch Verlag und Autoren wollen es so weit nicht kommen lassen. Sie hatten bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Sie stehen auf dem Standpunkt, die Veröffentlichung der Kohl-Zitate sei angesichts des überragenden zeitgeschichtlichen Interesses erlaubt. Das Landgericht sieht die Geschehnisse dagegen schlicht als Missbrauch von Vertrauen an. Schwan habe sich als Autor von Kohls Memoiren zu Stillschweigen verpflichtet, auch wenn dies ausdrücklich in keinem Vertrag geregelt sei. Dennoch müsse er sich daran halten.

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