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Politik: Konkurrenz für Karsai

23 Kandidaten treten gegen den afghanischen Interimspräsidenten an. Zu fürchten hat er zwei Kriegsherren der Nordallianz

Bis vor einer Woche hat es bei der Präsidentenwahl in Afghanistan nach einem einsamen Sieg des Interimspräsidenten Hamid Karsai ausgesehen. Niemand schien am 9. Oktober gegen den amerikanischen Favoriten antreten zu wollen, der erst am Montag seine Kandidatur erklärt hat. Der US-Botschafter in Kabul, Zalmay Khalilzad, sah sich sogar genötigt, Karsais Gegner zur Bewerbung zu ermuntern: Die USA würden die Wahl nicht beeinflussen.

Inzwischen liegen 23 Bewerbungen vor, darunter von einer Frau. Die meisten gelten als chancenlos. Doch mit zwei Gegnern muss sich Karsai, der dem Mehrheitsvolk der Paschtunen angehört, ernsthaft auseinandersetzen: dem usbekischen Kriegsherrn Abdul Raschid Dostum und dem bisherigen Bildungsminister Junus Kanuni. Karsai hat sich die Unterstützung von Ahmed Sia Massud gesichert, einem Bruder des 2001 ermordeten tadschikischen Volkshelden Ahmed Schah Massud. Er soll neben Karim Chalili, einem Schiiten aus der Volksgruppe der Hasaren, Vizepräsident werden. Kanuni wird von zwei politischen Schwergewichten unterstützt: Verteidigungsminister Mohammed Fahim und Außenminister Abdullah Abdullah. Alle drei gehörten Massuds so gennanter Nordallianz an, die gegen die Taliban gekämpft hatte. Und auch Kanuni kann sich auf einen Massud-Bruder verlassen: Wali Massud.

Karsai dürfte Mühe haben, die geforderten 50 Prozent plus eine Stimme auf sich zu vereinigen. Das legt jedenfalls eine erste repräsentative Umfrage in 29 von 32 Provinzen nahe, die die Asia Foundation Mitte Juli vorstellte. 52 Prozent der Bevölkerung waren mit Karsai und seiner Regierung zufrieden, vor allem in den zentralen Landesteilen. Mehrheitlich unzufrieden äußerten sich die traditionellen Problemzonen: der Nordwesten mit seinen vielen religiösen und ethnischen Minderheiten und die Paschtunengebiete an der Grenze zu Pakistan. Dort fuhr Karsai gerade mal 20 beziehungsweise 35 Prozent ein. 29 Prozent begründeten ihre Ablehnung mit wirtschaftlichen Problemen, 21 Prozent mit mangelnder Meinungsfreiheit, neun Prozent mit dem langsamen Wiederaufbau der Infrastruktur. Mehr als 37 Prozent beklagten wachsende Sicherheitsrisiken. Vor allem daran könnte die bereits mehrfach verschobene Abstimmung erneut scheitern.

Ende Juli waren von den 10,5 Millionen Wählern immerhin 8,1 Millionen registriert. Obwohl die Bevölkerung durch Taliban und lokale Kriegsherren massiv eingeschüchtert worden war. Letztere seien für den Friedensprozess inzwischen eine größere Bedrohung als die Taliban, sagt Präsidenten-Sprecher Dschaweed Ludin.

Karsai versucht das Problem mit einem seiner bisher härtesten Erlasse zu lösen. Er verlangt die definitive Entwaffnung der Milizen – rund 100 000 Kämpfer, von denen seit Beginn der Kampagne im April 2002 knapp 10 000 in die reguläre Armee integriert wurden – bis spätestens zu den Wahlen. Das sei, meinen westliche Diplomaten in Kabul, die letzte gelbe Karte für Verteidigungsminister Fahim. Er hintertrieb bisher erfolgreich die Integration seiner Milizen in die Regierungstruppen.

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