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Politik: Konterrevolutionär Stalin

Der Spanische Bürgerkrieg in den Jahren 1936 bis 1939 war so etwas wie das Vorspiel zum Zweiten Weltkrieg: Hitlers und Mussolinis Truppen bombten für Francos Putschisten. Die spanische Diktatur wurde zum Sieg geführt und hatte dann beinahe vierzig Jahre lang Bestand.

Der Spanische Bürgerkrieg in den Jahren 1936 bis 1939 war so etwas wie das Vorspiel zum Zweiten Weltkrieg: Hitlers und Mussolinis Truppen bombten für Francos Putschisten. Die spanische Diktatur wurde zum Sieg geführt und hatte dann beinahe vierzig Jahre lang Bestand. Stalin spaltete die Revolutionäre, um danach mit Hitler einen Pakt zu schließen. Und die westlichen Demokratien schauten zu und hielten still.

Der spanische Schriftsteller Heleno Sana hat dieser dramatischen und immer noch wenig beachteten Geschichte eine ausführliche Studie gewidmet, den Titel wählte er mit Bedacht. "Die libertäre Revolution" zielt auf die Defizite in der bisherigen Forschung: Denn die soziale und politische Umwälzung in verschiedenen Regionen Spaniens wurde bisher so ungenügend beachtet wie die fatale und letztlich konterrevolutionäre Rolle der Kommunisten.

Sana konzentriert sich bei seiner Analyse vor allem auf die Unterschiede zwischen den Anarchisten und ihren angeblichen Verbündeten, den Kommunisten: "Während die Anarchisten die Erben dieses humanen und freiheitlichen Spaniens sind, verkörpern die Kommunisten den Geist der Inquisition, des Staatsabsolutismus und der Autoritätssucht. Wer diese Koordinaten nicht erkennt, wird auch nicht in der Lage sein, das Wesen der spanischen Revolution von 1936 zu begreifen." Stalins Kommandozentrale in Moskau predigte die "absolute Unterordnung des Einzelnen unter die Staatsgewalt und die Parteibürokratie", der Stalinismus war geprägt von "Polizeiterror, Willkür aller Art, Unsicherheit, Angst". Dagegen stellt Sana als wesentliche Merkmale des spanischen Anarchismus mehrere Eigenschaften heraus: "den Sinn für Gleichheit und Gerechtigkeit, die Ablehnung von Staat und Behörde, die Bereitschaft zur Revolte".

Sana sieht einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Marxismus (auch klassischer Prägung) und dem spanischen Anarchismus, "zwischen dem Prinzip Autorität und dem Prinzip Freiheit bzw. Revolte". Die Moral im Leben jedes Einzelnen wurde völlig unterschiedlich bewertet. "Das Scheitern des Marxismus und seine unwiderrufliche Diskreditierung als emanzipatorische Bewegung" sei "nicht zuletzt auf seine Verachtung der Moral zurückzuführen".

Heleno Sanas Buch ist eine detaillierte Regionalstudie über seine Heimat, die verschiedenen Stufen zur Errichtung einer Diktatur werden minutiös gezeichnet: Wie der schlecht vorbereitete faschistische Putsch zunächst großteils abgewehrt werden konnte; wie die Anarchosyndikalisten dann begannen, das Land politisch umzuwälzen; wie das demokratische Ausland die Abschaffung des Privateigentums beispielsweise nicht hinnehmen mochte; wie libertäre Prinzipien und Ziele nach und nach aufgegeben wurden; wie der Bürgerkrieg zwischen Demokratie und Faschismus 1937 schließlich in einen Krieg der Stalinisten gegen alle Linken umschlug; wie politischer Terror und Korruption die Ideale ersetzten; und wie Francos Faschisten diese mörderischen Auseinandersetzungen für sich ausnutzen konnten.

Sana nennt auch Fehler und Versäumnisse der spanischen Anarchisten. Das, was in den 30er Jahren als großartige Idee begonnen hatte, ja, was anfangs selbstbestimmt und freiheitlich gelebt worden war, endete in Bürokratismus, Hierarchisierung, Zwietracht und Verrat. Eitle, selbstsüchtige Funktionäre setzten sich an die Spitze der Bewegung, erhoben sich über die Menschen und diktierten ihnen ihren Willen.

Doch Sana verhehlt nie seine Sympathie für anarchistische Ideale, in heutigen Widerstandsbewegungen "gegen den neoliberalen und deregulierten Kapitalismus" sieht er Anklänge an die spanischen Anarchisten: "Das gilt nicht zuletzt für die Ablehnung der Parteien und des Parlamentarismus als Vehikel der Emanzipation." So gibt sich Sana am Ende verzweifelt hoffnungsvoll. "Utopisches Denken muss heute als die richtige Antwort auf die Irrationalität, die Entfremdung und die Angst verstanden werden", glaubt er. "Verzicht auf die Utopie bedeutet nichts anderes als den inneren Tod zu wählen, oder, was auf dasselbe hinausläuft: sich mit der mörderischen Zivilisation abzufinden, die der Weltkapitalismus errichtet hat."

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