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Krankenkassen: Teure Selbstständigkeit

Die Basistarife privater Krankenkassen sind für Hartz-IV-Empfänger oft nicht zu bezahlen.

Berlin - Seit Jahresbeginn haben arbeitslos gewordene Selbstständige, die vorher privat krankenversichert waren, ein zusätzliches Problem. Bislang hatten sie das Recht, bei Hilfsbedürftigkeit wieder bei einer gesetzlichen Krankenkasse unterzuschlüpfen und ihren Beitrag komplett vom Jobcenter erstattet zu bekommen. Nun müssen sie privat versichert bleiben und einen gehörigen Teil der Kosten selber tragen – was angesichts des knappen Hartz-IV-Regelsatzes in der Realität jedoch ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Selbst im sogenannten Basistarif müssten privat versicherte Hartz-IV-Empfänger noch knappe 160 Euro im Monat berappen, rechnet der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Frank Spieth, vor. Es sei offensichtlich, dass dies aus einem Regelsatz von 351 Euro für Alleinstehende nie und nimmer zu bestreiten sei. Schließlich blieben dem Arbeitslosen dann nur noch 193 Euro monatlich zum Leben. Und verfassungsrechtlich habe jeder Hilfsbedürftige das Anrecht auf beides: medizinischen Schutz und das Hartz-IV-Existenzminimum.

Tatsächlich glaubte die Regierung offenbar, die Sozialverträglichkeit ihrer Reform mit den Basistarifen und einer zusätzlich eingebauten Hilfskaskade gelöst zu haben. So wurden Privatversicherer dazu verpflichtet, risikounabhängige Billigtarife anzubieten, die den Höchstsatz der gesetzlichen Kassen nicht überschreiten dürfen. Bei Hilfsbedürftigkeit muss der Beitrag von derzeit 570 Euro halbiert werden, und zum Restbetrag schießt das Jobcenter noch mal so viel zu wie bei gesetzlich Versicherten: 127 Euro. Dass die Rechnung nicht aufging, störte keinen.

Nun räumen die zuständigen Ministerien die Gesetzeslücke ein. Offenbar hätten bei der Gesundheitsreform „nicht alle bis ans Ende der Straße gedacht“, schimpfen sie im Sozialministerium. Man kenne die Lücke, heißt es im Gesundheitsministerium. Mit der Union sei seinerzeit aber „nichts anderes machbar gewesen“. Das Existenzminimum jedenfalls dürfe auch bei privat versicherten Hartz- IV-Empfängern nicht angetastet werden, betonte ein Sprecher von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Gemeinsam prüfe man nun, „was getan werden kann“.

Spieth forderte die Regierung auf, „den Blödsinn umgehend zu korrigieren“. Eine Verschuldung von Hartz-IV-Empfängern bei Privatversicherern müsse „definitiv ausgeschlossen werden“. Außerdem dürften Arbeitslose, die man über Ich-AGs in „nicht tragfähige Geschäftsmodelle“ getrieben habe, nicht benachteiligt werden. Es sei „unerträglich, dass der Gesetzgeber hier keine Klarheit geschaffen hat und Zehntausende einfach sich selbst überlässt“.

Bei Patientenberatern häufen sich die Anrufe Betroffener. Und auch beim PKV- Verband ist man beunruhigt. Zwar gebe es noch keine Zahlen, sagt Referent Stephan Caspary. Man frage sich aber, wie mit Kunden zu verfahren sei, die den Restbetrag ihres Basistarifs nicht aufbringen könnten. Offenbar seien sie im Ministerium der Ansicht, dass die Privaten auf dieses Geld verzichten sollten. Dazu sei man aber nicht bereit. Schließlich subventioniere die Versichertengemeinschaft die Basistarifler bereits doppelt – indem sie ihnen den Beitrag deckele und ihn bei Hilfsbedürftigkeit auch noch halbiere.

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