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Krisensitzung: Wie will die FDP die Krise meistern?

Schlechte Stimmung und miese Umfragewerte: Am Sonntagabend kam die FDP zu einer Krisensitzung in Berlin zusammen. Wie wollen die Liberalen aus ihrem Tief kommen?

Von Sabine Beikler

Rapide sinkende Umfragewerte, dazu der Dauerstreit in der schwarz-gelben Koalition im Bund – für die FDP wird die Lage drei Monate vor der kleinen Bundestagswahl in Nordrhein-Westfalen immer bedrohlicher. Nun widersetzt sich auch noch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) dem zentralen Vorhaben der Liberalen in der Berliner Koalition. Am Wochenende stellte Rüttgers umfangreiche weitere Steuersenkungen infrage und machte damit aus der Zusammenkunft der FDP-Führung am Sonntagabend in Berlin endgültig das, was es offiziell nie sein sollte: ein Krisentreffen.

Wie verlief das Krisentreffen?

Zusammengerufen von FDP-Chef Guido Westerwelle, versammelten sich die Mitglieder des FDP-Präsidiums und des FDP-Fraktionsvorstands um 20 Uhr im Reichstag. „Wir treffen uns mehrfach im Jahr zu solch grundsätzlichen Besprechungen“, sagte Westerwelle, kurz bevor er im Reichstag verschwand. Ein kurzer Gruß durch die Glasdrehtür – mehr wollten die Liberalen an diesem Abend nicht preisgeben. Wenn es grundsätzlich wird, wollen sie lieber unter sich sein, weshalb der Zutritt ins Reichstagsgebäude für Journalisten verboten wurde.

Aber schon vor Beginn des Treffens war klar, dass es kein schlichtes Routinetreffen werden würde. Zahlreiche Liberale riefen zu mehr Geschlossenheit – in der Koalition – auf. Allen voran Westerwelle. „Ich habe eine Engelsgeduld“, sagte er dem „Spiegel“, „aber ich kann auch anders.“ Zwischen CDU und FDP gebe es immer wieder mal Meinungsunterschiede. Die würden aber wie unter Partnern üblich besprochen. „Die CSU sollte sich mehr an den fairen Umgangsformen ihrer Schwesterpartei CDU orientieren“, sagte Westerwelle. Denn es sind nach Ansicht der FDP vor allem die Christsozialen, die für Unfrieden in der schwarz-gelben Koalition sorgen.

Allerdings gibt es auch Kritik am eigenen Kurs. Der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn kritisierte die mangelhafte Vorbereitung auf die Regierungsübernahme. Außerdem versetzte der nordrhein-westfälische FDP-Chef Andreas Pinkwart seine Partei in Aufruhr, weil er die beschlossene und von der FDP forcierte Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hotels wieder zurücknehmen wollte. Die Volte wurde als Anzeichen aufkommender Panik verstanden. Seither ist klar: Die FDP muss um die Regierungsbeteiligung in NRW bangen.  

Wie will die FDP ihre Krise überwinden?

Mit klaren Bekenntnissen zu den versprochenen Reformen – vor allem der Steuerreform. Auf ihrem Bundesparteitag im April, also kurz vor der NRW-Wahl, will die FDP ein Konzept vorlegen, um die Steuerstrukturreform zu präzisieren, verspricht FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Als Mittel gegen die Krise will er das zwar nicht verstanden wissen: „Wir haben keine Krise.“ Richtig sei aber, „dass wir von Menschen gewählt worden sind, die einen schnellen Politikwechsel wollen. Bestimmte Reformschritte wie die Steuerstrukturreform werden wir deshalb früher als geplant konkretisieren.“

Was bedeutet das für die Koalition?

Noch mehr Ärger. Denn die Union beharrt darauf, die Steuerschätzung im Mai abzuwarten, bevor konkrete Pläne für eine Steuerreform vorgelegt werden sollen. Auch beim Thema Gesundheitspolitik würden einige Liberale gern schneller vorangehen, um das Prestigeprojekt Kopfpauschale durchzusetzen. Doch das stößt in Teilen der CDU auf wenig Gegenliebe und in der CSU auf massive Ablehnung.

Was sagt die Opposition?

Sie verschärft ihre Angriffe. Die FDP befinde sich in einer „Existenzkrise“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles dem Tagesspiegel. „Um die FDP wird es einsam. Erst laufen ihr die Wähler in Scharen davon, und jetzt macht sich auch noch der Koalitionspartner in NRW vom Acker, um nicht in den Abwärtssog der FDP gezogen zu werden.“ Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach Westerwelle die Eignung für das Amt des Vizekanzlers ab. „Westerwelle ist der Aufgabe eines Vizekanzlers nicht gewachsen. Er ist getrieben von persönlicher Eitelkeit, er empfindet das alles als Spiel.“ Der FDP-Chef habe „noch immer nicht begriffen, dass er als stellvertretender Regierungschef Verantwortung für das Land hat, nicht nur für die eigene Partei“. Berlins Regierender Bürgermeister, der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Klaus Wowereit geht dagegen auf Konfrontation zu Rüttgers: „Falls Herr Rüttgers die Steuerpolitik der Bundesregierung jetzt auch kritisch sieht, ist das eine reichlich späte Erkenntnis.“

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