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Kritik: Linke zankt immer heftiger

Machtkampf und kein Ende: Halina Wawzyniak fordert Dietmar Bartsch auf, erneut zu kandidieren. Gregor Gysis Vorwürfe seien "nicht tragfähig". Selbst die Parteizeitung "Neues Deutschland" kritisiert die Parteispitze.

Von Matthias Meisner

Der Machtkampf um die künftige Führung der Linken geht ungebremst weiter. Die stellvertretende Vorsitzende Halina Wawzyniak rief den in die Kritik geratenen Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch auf, im Mai auf dem Parteitag in Rostock erneut für dieses Amt zu kandidieren. Das wäre ein „gutes Signal für den Zusammenhalt der Partei“, sagte Wawzyniak dem Tagesspiegel. Die von Fraktionschef Gregor Gysi gemachten Vorwürfe gegen Bartsch hätten sich als „nicht tragfähig herausgestellt“. Gysi hatte Bartsch beim Jahresauftakttreffen der Bundestagsfraktion am Montag Illoyalität gegenüber dem Vorsitzenden Oskar Lafontaine vorgehalten. Letzterer lässt bisher offen, ob er über den Mai hinaus Vorsitzender bleiben will. „Wir wollen auf keinen der beiden verzichten, weder auf Lafontaine noch auf Bartsch“, sagte Wawzyniak.

Dagegen sind die West-Verbände, die gegen Bartsch interveniert hatten, mit Gysis Einsatz zufrieden. NRW- Landeschef Wolfgang Zimmermann legte Bartsch im WDR den Rücktritt nahe: „Ich glaube, dass es für das Vertrauensverhältnis in der Führungsspitze besser wäre, wenn er das tun würde.“ Der baden-württembergische Vorsitzende Bernd Riexinger lobte die „klare Positionierung“ Gysis. Alle hofften, dass Lafontaine der Partei nach seiner Krebserkrankung bald wieder „zur Verfügung steht“. Zwischen dem Vorsitzenden und seinem Geschäftsführer müsse ein „besonderes Vertrauensverhältnis“ selbstverständlich sein, auch um den „sensationellen Aufstieg“ der Linken nicht zu gefährden.

Ungewöhnlich deutlich ging die Parteizeitung „Neues Deutschland“ sowohl Gysi wie auch Lafontaine an. Chefredakteur Jürgen Reents und sein Stellvertreter Wolfgang Hübner erklärten die „Streitkultur in der Linken“ in dem Blatt zum Tagesthema. Sie sehen nicht erklärt, warum Gysi sich Bartsch nicht mehr in seiner bisherigen Funktion wünscht und fragen, ob auch die anderen Spitzengenossen ihr Vertrauen zu Bartsch zerstört sehen. „Wird hier jemand in einer Art Vabanquespiel aus dem Weg ,geräumt’ oder ist es doch die unausgesprochene Bedingung vor einer Entscheidung Lafontaines?“ Die Autoren erinnern, dass Gysi nach seinem Gespräch mit Lafontaine zu Jahresanfang im Saarland erklärt hatte: „Man kann sich mit ihm sehr gut über alle Dinge unterhalten.“ Verwundert fragen die Autoren: „Warum schweigt Lafontaine zu einer Auseinandersetzung, die die Linke in eine Zerreißprobe zu führen droht?“ Sei für ihn schon eine „kurze klärende Stellungnahme“ unzumutbar?

Dagegen griff der frühere SPD-Wahlkämpfer Albrecht Müller – einstmals Planungschef bei den Kanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt – Bartsch in der linksradikalen Zeitung „Junge Welt“ heftig an. Müller, ein Lafontaine-Anhänger, schrieb, Gysi habe mit seiner Feststellung, Bartsch sei illoyal gewesen, das richtige Wort benutzt. „Bartsch sieht seine Rolle falsch. Er müsste sichtbar machen und über seine offensichtlich guten Kanäle zu verbreiten suchen, dass zum Beispiel die Vorstellung, in der Linkspartei im Osten lebten die Realisten und im Westen die Spinner, abwegig ist.“ Bartsch jedoch versage bei der Aufgabe, die Vielfalt in der Partei zusammenzuführen. Er wirke auch nicht dagegen, wenn Lafontaine und seine Mitstreiter als realitätsfern dargestellt werden. Müller fügt hinzu: „Im Osten gibt es nicht nur regierungsgeile Funktionäre. Sahra Wagenknecht zum Beispiel steht für Kompetenz und inhaltliches Engagement.“

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