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Politik: Kritiker trommeln gegen die Reform

Auch in Union und SPD wollen viele Parlamentarier am Freitag gegen das Gesundheitspaket stimmen

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Wenige Tage vor der Abstimmung des Bundestages über die Gesundheitsreform mehren sich in den Fraktionen von Union und SPD die Stimmen derer, die entweder gegen das Gesetz stimmen oder sich enthalten wollen. Allerdings wird die Zahl der Kritiker aller Voraussicht nach zu gering sein, als dass das Reformpaket den Bundestag nicht passieren könnte.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) berichtete am Montag im CDU- Präsidium von zehn bis 20 absehbaren Abweichlern aus der Jungen Gruppe. Bedenken gibt es darüber hinaus beim CDU-Mittelstand und bei einer Reihe einzelner Abgeordneter. So war noch unklar, wie sich die Unionsmitglieder im Haushaltsausschuss verhalten werden. Weitere Gespräche über die geplante Gegenfinanzierung der Steuerzuschüsse an das Gesundheitssystem sollen im Laufe der Woche geführt werden.

In der SPD kommt die Kritik von verschiedenen Seiten. Der Nordrhein-Westfale Eike Hovermann, der die private Krankenversicherung (PKV) am liebsten ganz draußen gelassen und geschont hätte und das SPD-Konzept der Bürgerversicherung schon mal als „Irrlicht“ bezeichnet, ist genauso gegen die Gesundheitsreform wie die Parteilinken Ottmar Schreiner, Karl Lauterbach und Andrea Nahles, die die PKV lieber härter rangenommen hätten. Einer der heftigsten Kritiker ist der Flensburger Abgeordnete Wolfgang Wodarg, von Beruf Internist und Umweltmediziner. Er sieht in der Reform einen „Frontalangriff“ aufs Solidarsystem und die Parlamentarier damit „belogen, getäuscht und ausgetrickst“.

Wenn die Reform am Mittwoch den Gesundheitsausschuss passiert, wollen einige der Kritiker zunächst einmal durch Abwesenheit glänzen. Marlies Volkmer (SPD), ebenfalls Ärztin, sagte dem Tagesspiegel hingegen, sie werde hingehen und sich der Stimme enthalten. So könne sie ihre Position deutlicher machen als wenn sie sich dort, wie andere Reformgegner aus ihrer Partei, durch Jasager vertreten lasse. Die Dresdner Abgeordnete lehnt die Reform ab, weil diese ihrer Ansicht nach die Finanzierungsprobleme nicht löst. Dazu, so meint sie, hätte man den Steueranteil erhöhen müssen. Auch bei einer noch so guten Strukturreform müsse man mit steigenden Ausgaben rechnen, schon allein aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts. „Und der Fonds löst kein Problem, er schafft nur neue.“

Zu den kritischen Gesundheitspolitikern gesellen sich nun auch die Haushaltsexperten der SPD. Der haushaltspolitische Sprecher, Carsten Schneider, kritisierte die Festschreibung von anwachsenden Zuschüssen an das Gesundheitssystem ab 2008 von jährlich 1,5 Milliarden Euro, für die keine Finanzierung im Gesetz festgeschrieben wird. Ohne eine Klärung wollen die SPD-Haushälter nicht zustimmen

Zum Wochenende erhielten die SPD- Abgeordneten Post von Elke Ferner. Die Fraktionsvize schilderte und empfahl ihnen nochmals das Reformwerk, die Bewertung sei sogar „ein bisschen differenziert“ gewesen, berichteten Adressaten. Bislang habe es noch keinen Druck von der Fraktionsspitze auf das Abstimmungsverhalten gegeben, hieß es am Montag. Das werde aber „heute oder morgen wohl noch passieren“.

Union und SPD verfügen im Bundestag über 447 von 614 Mandaten. Mindestens 60 Abgeordnete glauben die Kritiker bereits hinter sich zu haben. Käme die Haushaltsarbeitsgruppe der SPD hinzu, wären es 75. Die FDP wird am Freitag im Bundestag eine namentliche Abstimmung beantragen und fordert zudem, die Debatte über zwei Stunden hinaus zu verlängern.

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