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Markus Söders Strategie? Bayern first.

© dpa/Peter Kneffel

Bashing, Bierzelt, Bayern first: Die Söder-Strategie in sieben Punkten

Einstimmig hat die CSU ihren Parteichef zum Spitzenkandidaten gekürt. Seine Bewerbungsrede verrät, wie er die Landtagswahl gewinnen will. Eine Analyse.

Die Trauzeugen-Affäre im grün-geführten Bundeswirtschaftsministerium – für Markus Söder ist sie ein Wahlkampfgeschenk. Dass der Staatssekretär Patrick Graichen einen wichtigen Posten mit seinem Trauzeugen besetzte – das sei „grüne Korruption“, ruft Söder auf dem CSU-Parteitag. Minister Robert Habeck müsse den Mann entlassen. Sonst sei die Affäre Graichen eine Affäre Habeck. Es gibt Applaus bei der CSU.

Knapp eine Stunde und 40 Minuten redet Markus Söder am Samstag auf dem Parteitag in Nürnberg. Es ist seine Bewerbungsrede für die CSU-Spitzenkandidatur bei der bayerischen Landtagswahl. Der ganze Parteitag dient vor allem dem Zweck, ihn zu krönen. Es soll der Auftakt des CSU-Wahlkampfs sein – eine große Show.

Am 8. Oktober wird in Bayern gewählt. Diesmal muss Söder zeigen, dass er es kann. 2018 musste die CSU mit ihm herbe Verluste einstecken – 37,2 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2021 crashte die CSU und kam nur auf knapp 32 Prozent. Viele in der Union sahen die Schuld auch bei Söder, der selbst Kanzlerkandidat werden wollte und dann ständig gegen Armin Laschet stichelte.

Söder muss jetzt zeigen, dass er es kann

Seitdem hat sich die Lage und auch die Stimmung in der Partei deutlich verbessert. Momentan steht die CSU zwischen 40 und 42 Prozent. Manche in seiner Partei träumen schon wieder von der absoluten Mehrheit.

Söder selbst legt die Latte bewusst nicht zu hoch: 40 Prozent plus ist das Wahlziel. Die CSU will weiter mit den Freien Wählern regieren. Diese Art von Erwartungsmanagement hat den Vorteil, dass Söder sich umso stärker feiern lassen kann, je weiter die CSU über 40 Prozent liegt.

Die Wahlkampfstrategie der CSU steht – und sie ist auch in Söders Bewerbungsrede klar zu erkennen.

1 Bayern first

Söder preist gern die Erfolge und die Schönheit des Freistaats. „Bei uns lebt man länger, bei uns lebt man glücklicher“, ruft er in Nürnberg. Bayern sei ein Zukunfts- und ein Sehnsuchtsort. Hier siedelten sich Hightechfirmen an, hier sei die Arbeitslosigkeit niedrig. Nur hier gebe es ein Landesfamiliengeld. „Unser Land braucht eine Regierung, die den einzigartigen Charakter Bayerns erhält.“ Söders Botschaft: Nur die CSU verteidige die Interessen Bayerns auch auf Bundesebene.

2 Ampel-Bashing

Söder malt die Bedrohung der bayerischen Herrlichkeit durch die Bundesregierung in den düstersten Farben aus. „Die Ampel wird zum größten Armutsrisiko der jüngeren deutschen Geschichte“, ruft Söder. Gemeint ist etwa die Klimaschutzpolitik der Ampel. „Das Wohlstandseis schmilzt schneller als das Eis der Gletscher.“ Söder verspricht, die Union werde Habecks Heizungsgesetz kippen.

Die Ampel wird zum größten Armutsrisiko der jüngeren deutschen Geschichte.

Markus Söder

Kippen will die CSU auch die Anpassung der Erbschaftssteuer durch die Ampel. Es drohe der „Ausverkauf“ der Heimat. Auch die Wahlrechtsreform der Ampel sei „ein einziger Skandal“. Es könnte künftig theoretisch passieren, dass die CSU zwar alle 46 Wahlkreise in Bayern gewinnt, aber kein einziges Direktmandat bekommt, weil sie auf den Bund gerechnet nicht über die Fünf-Prozent-Hürde kommt. Auch dagegen will die CSU klagen. Der Ampel wirft Söder „Wahlrechtsmanipulation“ vor.

3 Grüne Feinde

Die Grünen sind das liebste Feindbild der CSU. Verbrennungsmotoren, Gasheizungen, Süßigkeitenwerbung, Böller, Atomkraftwerke, Fracking, sogar das Pony-Reiten auf der Wiesn – alles wolle die Partei verbieten. „Wir sind eine Mitmachpartei, die Grünen sind eine Miesmachpartei“, ruft Söder. Schwarz-Grün werde es in Bayern auf keinen Fall geben.

4 Kulturkampf

Söder beschwört gern die angeblich drohende Umerziehung der Bevölkerung durch Gendern und „Wokeness“. Sogar das Wort „Mama“ oder „Mutter“ solle jetzt verboten werden, behauptet Söder. Auch wolle das eine Prozent Veganer in Deutschland die restlichen 99 Prozent „umerziehen“ und ihnen ein schlechtes Gewissen einreden. Söder überzeichnet gern – in Nürnberg kommt das gut an.

Söder sagt: Schwarz-grün werde es auf gar keinen Fall geben.
Söder sagt: Schwarz-grün werde es auf gar keinen Fall geben.

© action press/Chris Emil Janssen

5 Mobilisierung der eigenen Wähler

Um Grünen-affine Wähler bemühen sich die Christsozialen schon fast gar nicht mehr. Die Strategie der CSU setzt ganz auf die Mobilisierung der CSU-Klientel. In Zeiten niedriger Wahlbeteiligung kann es schon ein massiver Vorteil sein, das eigene Potenzial auszuschöpfen.

6 Der ländliche Raum

Die CSU präsentiert sich bei jeder Gelegenheit als Verteidigerin des ländlichen Raums. „Keiner steht so für den Erhalt des ländlichen Raumes wie die CSU“, beteuert Söder. Deshalb erklärt er die CSU zur Autopartei. Kürzlich verabschiedete er eine neue Wolfsverordnung, die den Abschuss der Tiere leichter möglich macht. Gerade Landwirten machen sie Probleme.

7 Bierzelt

Einen Teil ihrer Krise der vergangenen Jahre führt die CSU darauf zurück, dass man in der Coronazeit den Kontakt zu den Menschen verloren habe. Jetzt ist Söder landauf landab ständig unterwegs, lässt kaum ein Bierzelt aus. Die Orte seiner Besuche streut er in seine Rede ein. „Wir sind wieder so nah bei den Menschen wie lange nicht“, erklärt er.

Als Söder geendet hat, gibt es Standing Ovations. Auf eine geheime Wahl verzichten sie hier in Bayern. Die 600 Delegierten im Saal stimmen per Handzeichen mit ihrer blauen Karte über Markus Söder als CSU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl ab. Wer ist für ihn? Alle Hände heben sich. Nein-Stimmen? Keine zu erkennen. Abweichler sind bei der Söder-Krönung offensichtlich nicht vorgesehen.

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