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Politik: Lafontaine lässt grüßen

Stoiber will gegen Eichels Etat im Bundesrat Einspruch einlegen – der frühere SPD-Chef hat ihm das vorgemacht

Edmund Stoiber, das ist bekannt, hält wenig vom Zahlenwerk des Bundesfinanzministers. Wenn Bayerns Ministerpräsident auf Hans Eichels Haushalt für 2004 zu sprechen kommt, dann können die Superlative gar nicht negativ genug sein. Eichels Etat wird so zum „Betrugsmanöver im großen Stil“, voll mit Luftbuchungen in zweistelliger Milliardenhöhe, wie Stoiber der „Welt am Sonntag“ sagte. Defizite der Bundesanstalt für Arbeit seien nicht in den Haushalt eingebucht, die Einsparungen durch die Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt zu optimistisch ausgefallen. Eichel werde auch nicht 2,1 Milliarden Euro mehr einnehmen durch die Rückflüsse von Schwarzgeld wegen der Steueramnestie. Zwei Prozent Wachstum wird es laut Stoiber auch nicht geben, also sind für Stoiber die Grunddaten des Haushalts unrealistisch.

Und weil das so ist, und weil die Union eine klare Mehrheit im Bundesrat hat, greift Stoiber tief in die Gerätekiste der Opposition: „Ich schließe keineswegs aus, dass wegen des bisher nie da gewesenen Ausmaßes an Unseriosität im Bundeshaushalt und den negativen Auswirkungen für die gesamte Bundesrepublik Deutschland erstmals in der Geschichte des Landes der Bundesrat Einspruch gegen den Bundeshaushalt einlegen wird.“

Doch hier irrt der CSU-Chef. Die Premiere hat schon stattgefunden. Der Regisseur dieser Erstaufführung hieß Oskar Lafontaine. Der damalige SPD-Ministerpräsident des Saarlandes nutzte die Länderkammer 1995, um die schwarz-gelbe Koalition unter Kanzler Helmut Kohl in Bedrängnis zu bringen und deutlich zu machen, dass der SPD die Regierungslinie nicht passte. Kohls Mehrheit im Bundestag war damals etwa so knapp wie die von Gerhard Schröder heute.

Am 28. April 1995 wies die damals stattliche SPD-Mehrheit im Bundesrat den Etat des Finanzministers Theo Waigel (CSU) für 1995 zurück und rief zunächst den Vermittlungsausschuss an (wegen der Wahl 1994 hatte sich das Gesetzgebungsverfahren verzögert). Das Vermittlungsergebnis wurde dann im Mai vom Bundestag mit seiner schwarz-gelben Mehrheit überstimmt. Am 3. Juni legte darauf der Bundesrat Einspruch ein, der vom Bundestag am selben Tag zurückgewiesen wurde. Der Haushalt wurde unverändert umgesetzt. Denn verhindern kann der Bundesrat einen Bundesetat nicht, weil er nicht zustimmungspflichtig ist. Allerdings verzögerte sich die Gesetzgebung um einige Monate, Waigel musste zur vorläufigen Haushaltsführung greifen, die den finanzpolitischen Spielraum einschränkt.

So ungefähr würde es auch laufen, wenn Stoiber seinen Plan umsetzt. Vor acht Jahren gehörte er noch zu den Hauptrednern gegen Lafontaine. Diesem warf er angesichts der Verzögerungstaktik vor: „Sie malen hier etwas an die Wand und wundern sich dann, wenn die Leute enttäuscht sind und die Politik Glaubwürdigkeitsdefizite hat.“ Auch von „Show“ war die Rede. Freilich könnte sich Stoiber auch aus Lafontaines Verteidigungsrede bedienen. Der rechtfertigte die Nutzung der SPD-Mehrheit für den Einspruch und das Mitreden des Bundesrats mit dem klassischen Satz: „Das ist keine Obstruktion, das ist keine Blockade, das ist einfach so.“

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