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Flüchtlinge ohne Obdach: Libyer leben in Hamburg auf der Straße

Ein Flüchtlingsdrama beschäftigt derzeit die Hamburger Öffentlichkeit. In der Hansestadt müssen derzeit rund 300 aus Libyen kommende Afrikaner unterschiedlicher Nationalität auf offener Straße campieren.

Sie sind verzweifelt, wollen nicht länger „weitergereicht“ werden, sehnen sich nach einer dauerhaften Bleibe, zumindest aber nach einer humanitären Sofortlösung in Hamburg, was ihre Unterbringung angeht. Rund 300 Libyer, die derzeit in Hamburg ohne Obdach sind, beschäftigen die Öffentlichkeit und die Hamburger Politik. Sie kommen meist aus Westafrika, waren vorwiegend Arbeitskräfte und Tagelöhner in Libyen. Weil der frühere Staatschef Muammar al Gaddafi Einwanderer als Söldner für sich kämpfen ließ, gerieten fortan alle Menschen mit schwarzer Hautfarbe seitens der libyschen Bevölkerung unter einen Generalverdacht und durften sich in dem nordafrikanischen Land nicht mehr ihres Lebens sicher sein. Zehntausende von ihnen flüchteten 2011 während des Libyen-Konflikts deshalb über das Mittelmeer und strandeten in Italien. Dort wurden sie lange in Flüchtlingsunterkünften beherbergt, doch Anfang des Jahres wurden die errichteten Not-Behausungen auf Weisung italienischer Behörden abgebaut und die Betroffenen mit gültigen Reisepapieren ausgestattet. Damit sollten sie andernorts in Europa ihr Glück versuchen, wurden die Afrikaner plötzlich vor ein neues unbekanntes Schicksal gestellt. Sie strömten damit aus, hauptsächlich in Richtung der Metropolen wie Berlin, Brüssel, Paris, Amsterdam und eben auch Hamburg.

Dort wurden etliche bis im Rahmen des städtischen Winternotprogrammes für Obdachlose einquartiert, bis dieses am 15. April endete. Seitdem sind die Libyen-Flüchtlinge trotz gültiger Aufenthaltspapiere wieder sich selbst überlassen. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hat allen angeboten, die Kosten für eine Rückreisefahrkarte nach Italien zu bezahlen. Für Fanny Dethloff, Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Nordkirche, ist diese Offerte nichts anderes als ein Freikaufen von der Verantwortung, zumal daraus wieder nur eine regionale Verschiebung des Problems erfolgen würde. Hamburg sei nach Oslo die zweitreichste Großstadt in Nordeuropa und stelle sich ein humanitäres Armutszeugnis aus, der betroffenen Personengruppe keine Hilfestellung zukommen zu lassen, fügt Dethloff hinzu. Viele der Betroffenen seien durch das zuletzt wochenlange Obdachlosen-Dasein unter freiem Himmel bereits erkrankt. Flüchtlingsinitiativen machen inzwischen mit einer Dauer-Mahnwache nahe des Hauptbahnhofes auf die vertrackte Situation aufmerksam. Im Verlauf der Woche hatten einige der Betroffenen bereits im Rathaus-Foyer friedlich demonstriert und ein Gespräch mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gefordert, der es jedoch ablehnt, sich mit den Afrikanern zu treffen.

Diese weisen darauf hin, dass sie keine Verantwortung für den losgebrochenen Krieg in Libyen tragen, nun aber in der daraus resultierenden Opferrolle keinerlei Unterstützung erfahren. Die Grünen und die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft fordern den Senat auf, sich dem Thema zu stellen und es nicht auszusitzen.

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