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Politik: Lieber ein Adjutant als ein General

Streit um Benneters Nachfolge: Nahles möchte gern – doch Müntefering erwägt, das Amt abzuschaffen

Berlin - Andrea Nahles lässt schweigen. Vertraute der SPD-Politikerin vom linken Flügel wollten sich am Ende dieser Woche nicht mehr namentlich zum parteiinternen Streit um den SPD-Generalsekretärsposten äußern. Zwar strebt Nahles noch immer die Nachfolge von Klaus Uwe Benneter an, wie in SPD-Kreisen versichert wird. Doch mittlerweile hat ihr Lager erkannt, dass öffentlich vorgetragene Forderungen die Chancen der Anwärterin verschlechtern, da die Appelle auf SPD-Chef Franz Müntefering wie eine Herausforderung zur Machtprobe wirken müssen. Nach Tagesspiegel-Informationen sollen die Bedenken Münteferings gegen eine Nominierung von Nahles nun in internen Gesprächen zerstreut werden.

Müntefering will nach übereinstimmender Einschätzung etlicher SPD-Politiker sicherstellen, dass sich die Sozialdemokratie in der großen Koalition nicht in einen pragmatischen Regierungsflügel und eine eher ideologische, die Realitäten ignorierende Partei-Truppe aufspaltet. Die Leitung des Willy-Brandt-Hauses würde der designierte Vizekanzler und Minister für Arbeit und Soziales deshalb lieber seinem Vertrauten Kajo Wasserhövel übergeben. In dem bisherigen Bundesgeschäftsführer sieht Müntefering einen Garanten für geräuschlose Abläufe und effektives Management.

Inhaltliche Alleingänge Wasserhövels stünden nicht zu befürchten – anders als bei einer Generalsekretärin Nahles, die bei der programmatischen Erneuerung der SPD eine eigenständige Rolle spielen will. Vor diesem Hintergrund hat Müntefering offenbar Überlegungen angestellt, das Amt des Generalsekretärs wieder abzuschaffen, obwohl es seinerzeit eigens für ihn eingerichtet worden war. Wasserhövel, so das Kalkül, könnte dann als Bundesgeschäftsführer in der Parteizentrale umsetzen, was der dreifache Funktionsträger Müntefering (Vizekanzler, Parteichef, Minister für Arbeit und Soziales) vorgibt.

Ob der SPD-Chef an diesem Plan festhalten kann, ist jedoch fraglich. Führende SPD-Politiker verweisen in diesem Zusammenhang auf ein „Legitimationsproblem“: Müntefering habe das Amt schließlich selbst eingeführt. Auch wäre für eine Satzungsänderung zur Abschaffung des Generalsekretärs eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Müntefering könnte sie wohl organisieren, müsste auf dem SPD-Parteitag Mitte November in Karlsruhe aber mit offenem Widerstand rechnen. Die Landesverbände Hessen, Niedersachsen und Berlin haben ebenso wie die Jusos bereits erklärt, an dem Amt festzuhalten zu wollen. Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es bis in die Spitze der Landes-SPD hinein erheblichen Widerstand gegen eine Satzungsänderung.

Es sind beileibe nicht nur die SPD-Linken, die sich eine SPD ohne Generalsekretär nicht vorstellen mögen. Unterstützung für Nahles kommt auch vom reformorientierten Netzwerk, einem Zusammenschluss jüngerer SPD-Bundestagsabgeordneter. „Die SPD braucht das Amt des Generalsekretärs, um ihr Profil in der großen Koalition erkennbar zu machen“, sagt Netzwerk-Sprecher Hubertus Heil. Nahles selbst will nach Tagesspiegel-Informationen im direkten Gespräch mit Müntefering und Wasserhövel für ihre Nominierung werben. „Sie wird deutlich machen, dass sie eine Generalsekretärin für die gesamte Partei sein will“, heißt es in SPD-Kreisen.

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