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© dpa

Gewinne und Verluste in Berlin: Linke holt mehr Zweitstimmen als die SPD

Gerade in sozial schwachen Gebieten brachen Sozialdemokraten ein. Wo die Parteien Verluste machten – und wo sie punkteten.

Wähler sind so unterschiedlich: Es gibt die politisch „total Desinteressierten“, die unzufriedenen Nichtwähler und die „abwägenden Nichtwähler“, sagt Parteienforscher Oskar Niedermeyer vom Otto-Suhr-Institut an der Freien Universität. Die „Abwägenden“ waren offenbar diejenigen, die am Sonntag nicht motiviert werden konnten. „Es fehlten charismatische Kandidaten und strittige Inhalte“, sagte Niedermeyer. Nur 1,75 Millionen Berliner von rund 2,47 Millionen Wahlberechtigten gingen wählen: Das war mit 70,9 Prozent Wahlbeteiligung und 6,5 Prozentpunkten weniger als 2005 ein deutlicher Rückgang. Vor allem Erstwähler konnten nicht mobilisiert werden. Fast zehn Prozent weniger als vor vier Jahren, nämlich nur noch 60,9 Prozent, gaben ihre Stimme ab.

Offenbar vermeiden immer mehr Wähler den Gang zum Wahllokal und entscheiden sich für die Briefwahl. Fast jeder vierte Wähler (26,5 Prozent) gab seine Stimmen schriftlich ab. Das waren 463 483 abgegebene Briefwahlanträge.

Die stärksten Verluste hatte die SPD und erzielte mit 20,2 Prozent ihr bislang schwächstes Nachwendeergebnis in Berlin (1990: 30,6 Prozent). Der Absturz fand sowohl im Osten als auch Westen statt: Im Westteil ging der Stimmanteil von 33,9 auf 21,6 Prozent zurück, im Ostteil von 34,9 sogar auf 18,1 Prozent. Die SPD, die mit den Linken den zweiten Platz behaupten konnte, erzielte in keinem Bezirk die relative Mehrheit der Zweitstimmen – 2005 hatte sie die Mehrheit noch in neun Bezirken. Besonders deutlich verloren die Sozialdemokraten in Neukölln und Tempelhof-Schöneberg. Am besten schnitt die SPD in Spandau (23,7 Prozent) ab, das schlechteste Ergebnis hatte sie in Marzahn-Hellersdorf (16,6 Prozent). In Gebieten mit einem hohen Anteil an Hartz-IV-Empfängern verlor die SPD überdurchschnittlich.

Die CDU mit 22,8 Prozent stärkste Partei in Berlin hat ihren Stimmanteil leicht von 22,0 auf 22,8 Prozent erhöhen können. Allerdings verlor die traditionell im Westteil stärker verankerte Union Stimmen (von 27,9 auf 27,0 Prozent), während sie im Ostteil ihren Anteil von 13,6 auf 16,8 Prozent steigern konnte. 2005 konnte die CDU nur in Steglitz-Zehlendorf die relative Zweitstimmenmehrheit erreichen, am Sonntag gelang ihr das in allen westlichen Bezirken. Das beste Ergebnis erzielte die CDU in Reinickendorf (33 Prozent), ihr berlinweit schlechtestes Ergebnis mit 11,2 Prozent in Friedrichshain-Kreuzberg. In Gebieten mit einem hohen Anteil älterer Menschen schnitt die CDU traditionell gut ab.

Die Linke wurde mit 20,2 zweitstärkste Partei und liegt noch vor der SPD, weil sie bei gleichem Prozentsatz mehr Zweitstimmen erhalten hat. Seit 1990 ist das ihr bestes Berliner Bundestagsergebnis. Von allen Bundestagsparteien hat die Linke im Vergleich zu 2005 den größten Zuwachs sowohl im Ostteil (29,5 auf 33,8 Prozent) als auch im Westteil (7,2 auf 10,8 Prozent) erzielt. Ihr bestes Ergebnis hatte die Linke in ihrer Hochburg Lichtenberg, wo sie seit 2005 ihren Stimmanteil noch einmal um fast sechs Prozentpunkte auf 41,2 Prozent steigern konnte. Das schlechteste Ergebnis erzielte die Partei in Steglitz-Zehlendorf mit 7,2 Prozent. Anders als die SPD war die Linke gerade in Gebieten mit einem hohen Anteil von Hartz-IV-Empfängern überdurchschnittlich erfolgreich – und zwar in Ost und West.

Die Grünen erzielten mit 17,4 Prozent einen Zuwachs von 2,8 Prozentpunkten seit 2005 und damit ihr bislang bestes Ergebnis seit 2002. Im Westteil kamen sie auf fast 20 Prozent. Bei dieser Bundestagswahl konnte die Partei in allen Berliner Bezirken Zugewinne verzeichnen. In Friedrichshain-Kreuzberg (29,2 Prozent) und Mitte (22,1 Prozent) errangen die Grünen die relative Mehrheit der Stimmen. Das schlechteste Ergebnis hatten sie in Marzahn-Hellersdorf (7,0 Prozent). Überdurchschnittlich schnitt die Partei in Gebieten mit einem höheren Anteil der 30- bis 60-Jährigen ab.

Auch die FDP hat seit 2005 (8,5 Prozent) deutlich zugelegt und kam mit 11,5 Prozent erstmals in Berlin über zehn Prozent. Sie steigerte ihren Stimmanteil sowohl im Ost- als auch im Westteil. Wie schon 2005 schnitt die FDP am besten in Steglitz-Zehlendorf mit 16,9 Prozent Stimmanteil ab, gefolgt von Charlottenburg-Wilmersdorf und Reinickendorf mit mehr als 15 Prozent. Ihr schlechtestes Ergebnis hatten die Liberalen mit 5,9 Prozent in Friedrichshain-Kreuzberg. Punkten konnte die Partei in Gebieten mit guter Wohnlage.

 Sabine Beikler

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