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Ein Genosse und seine Vorbilder. Klaus Ernst vor den Porträts von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in seinem Büro in der Berliner Parteizentrale.

© dapd

Linke Vermächtnisse: Ernst auf Lafontaine-Kurs

Der Parteivorstand der Linken befasste sich am Samstag erstmals mit dem neuen Entwurf für ein Grundsatzprogramm. Und im Kern will die Partei auf dem Kurs bleiben, den Oskar Lafontaine vorgegeben hatte.

Von Matthias Meisner

Berlin - Oskar Lafontaine kann sich freuen. Der Parteivorstand der Linken befasste sich am Samstag erstmals mit dem neuen Entwurf für ein Grundsatzprogramm. Und im Kern will die Partei auf dem Kurs bleiben, den Lafontaine selbst vorgegeben hatte, als er mit März 2010 – damals noch im Vorsitzenden-Amt – die erste Fassung dazu vorstellte. Anfang Mai hatte die sogenannte Redaktionskommission – besetzt mit Vertretern aller Parteiflügel – in einer dreitägigen Klausurtagung unter dem Vorsitz der Parteichefs Klaus Ernst und Gesine Lötzsch die Novelle erarbeitet.

Die Grundrichtung aber bleibt. Das betrifft auch die immer wieder heiß diskutierte Frage der Regierungsbeteiligungen. Zwar gibt es in dem Kapitel dazu einige Veränderungen, aber es sind nur Nuancen. Eingefügt wurde, dass die Entscheidung über Wahlprogramm und Koalitionsvertrag „die jeweils zuständigen Parteitage“ treffen. Die von Lafontaine als „rote Linien“ beschriebenen Bedingungen bleiben fast durchweg – an einer Regierung, die Kriege führt oder Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, will sich die Linke nicht beteiligen. „Wir haben uns bei schwierigen Fragen auf Kompromisse geeinigt“, sagte Ernst am Samstag dem Tagesspiegel. Zur Frage des Arbeitsplatzabbaus im Öffentlichen Dienst – er sollte zunächst kategorisch ausgeschlossen sein – heißt es nun, die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Dienstes dürfe nicht verschlechtert werden.

Auf diese Neuformulierung hatten Vertreter des Reformerflügels gedrängt, ihr Wortführer in der Kommission, der sachsen-anhaltinische Landeschef Matthias Höhn, beschrieb die Gespräche dazu als „zäh“. Vize-Fraktionschef Dietmar Bartsch nannte die „Weiterentwicklung“ der sogenannten Haltelinien „vernünftig“, er sprach in der „Tageszeitung“ von „Schritten in die richtige Richtung“. Vize-Parteichefin Sahra Wagenknecht, die frühere Wortführerin der Kommunistischen Plattform, aber will von einem Kursschwenk nichts wissen. Die Passage zu Regierungsbeteiligungen sei ein „vernünftiger Kompromiss“, sagte sie dem Tagesspiegel. Die inhaltliche Ausrichtung des Programmentwurfs sei nicht verändert worden. „Die antikapitalistische Zielstellung bleibt.“ Bei den Änderungen in der Novelle handele es sich ganz überwiegend um Präzisierungen, teils seien „konkretere Textbausteine“ von Genossen mit mehr Sachverstand eingefügt worden.

An diesem Sonntag will der Parteivorstand die Gespräche zum Programm fortsetzen und dann auch über Dutzende von Varianten entscheiden, die von der Redaktionskommission alternativ zur Abstimmung gestellt werden. Über die Präambel des 63-seitigen Papiers soll erst in der nächsten Sitzung Anfang Juli entschieden werden. Im Oktober steht die Abstimmung auf dem Erfurter Parteitag an, bis Jahresende soll das Grundsatzprogramm per Mitgliederentscheid gebilligt werden.

Dass die Redaktionskommission den Ursprungsentwurf grundlegend verändert, war nicht zu erwarten. Ernst gilt als „Gewährsmann“ von Lafontaine, auch Parteichefin Lötzsch bezieht sich immer wieder positiv auf den Ex-Vorsitzenden. Mit Wagenknecht und Ralf Krämer von der Sozialistischen Linken ist der linke Parteiflügel in dem Gremium gut vertreten, für die Realpolitiker verhandelte neben Höhn noch Vize-Parteichefin Katja Kipping.

Ein Blick in die dem Vorstand vorgelegte Überarbeitung bestätigt die Darstellung, dass die Novelle so neu nicht ist. Nur bei den Vorbildern für die „sozialistische Perspektive der Freiheit und Gleichheit für alle Menschen“ wird noch etwas jongliert. Zunächst wollte sich die Linke beim Kampf für die „Befreiung aus der Herrschaft des Kapitals“ nur auf Karl Marx und Friedrich Engels beziehen, neu eingefügt werden soll an dieser Stelle noch Rosa Luxemburg. Die Entscheidung, ob es auch ein Lob für Willy Brandt und Michail Gorbatschow im Programm geben soll, will die Programmkommission dem Parteivorstand überlassen.

Auch mit der DDR mag sich die Linke nicht schärfer auseinandersetzen als von Lafontaine geplant. Neu eingefügt wurde die Kritik an einem „staatlichen Überwachungsapparat gegen die eigene Bevölkerung“. Zugleich wird aber die Liste der Pluspunkte ergänzt. Zu ihr zählt nun neben der „weitgehenden Überwindung von Armut“ und einem „hohen Maß an sozialer Chancengleichheit“ auch eine „erfolgreiche genossenschaftliche Landwirtschaft als Ergebnis der Bodenreform“.

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