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Politik: Lkw-Maut: Wird Vertrag mit Toll Collect verlängert?

Berlin - Es geht um rund fünf Milliarden Euro. Jährlich.

Berlin - Es geht um rund fünf Milliarden Euro. Jährlich. Das wäre pro Jahr ein neuer Hauptstadtflughafen. In dieser Größenordnung bewegen sich die Einnahmen aus der Lkw-Maut. Doch nun ist diese Milliardensumme in Gefahr. Denn der Vertrag mit dem Mautbetreiber Toll-Collect läuft 2015 aus, und sollte es keine Lösung für die Zeit danach geben, gibt es auch keine Mauteinnahmen.

Die Situation ist verzwickt – auch weil das Bundesverkehrsministerium eine Entscheidung bisher gescheut hat. Seit Jahren laufen zwei Schiedsgerichtsverfahren. Der Bund hat das Toll-Collect-Konsortium (Daimler, Deutsche Telekom und das französische Unternehmen Cofiroute) auf Schadenersatz und Strafzahlungen in Höhe von rund sieben Milliarden Euro verklagt. Umgekehrt verlangt Toll-Collect rund eine Milliarde Euro für zurückgehaltene Vergütungen vom Bund.

Bis heute ist dieser Streit nicht gelöst, genauso wenig wie die Frage, wie es nach 2015 weitergeht. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Experten und auch die Fachleute im Bundesverkehrsministerium favorisieren die Übernahme von Toll-Collect. Diese Option steht dem Bund zu. Das hätte, auch wenn noch einige Detailfragen zu klären wären, den Vorteil, selbst Herr der Anlagen zu sein. Ende 2012 war man kurz davor, den ganzen Streit zu lösen. Der Bund hätte auf einen großen Teil seiner Schadenersatzansprüche verzichtet, dafür Toll-Collect übernommen (was er auch so könnte, unabhängig vom Schiedsverfahren). Doch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zögerte und ging den Deal nicht ein – zum Unmut seiner Fachleute im Haus. Nun läuft die Zeit davon. Für eine europaweite Neuausschreibung des Mautsystems – eine Zukunftsoption – ist es im Prinzip schon zu spät. Ramsauer favorisiert nun dem Vernehmen nach die dritte Variante: die Verlängerung des bestehenden Vertrages. Der Bund hat die Möglichkeit, dreimal um ein Jahr oder einmal um drei Jahre zu verlängern. Allerdings warnen Experten vor dieser Lösung, denn der Bund würde erpressbar. Für eine Verlängerung könnte Toll-Collect einen Preis verlangen, beispielsweise eine bessere Vergütung. Ließe sich der Bund darauf nicht ein, könnte Toll-Collect alles platzen lassen und der Bund stünde ohne Maut da.

Offiziell hält das Ministerium alle drei Optionen (Übernahme, Neuausschreibung, Verlängerung) im Rennen. „Der Bund prüft derzeit diese Möglichkeiten ergebnisoffen – dazu gehört auch eine mögliche Kombination einzelner Varianten“, sagte ein Sprecher. Auch in der schwarz-gelben Koalition spricht man sich nun, nachdem die Gesamtlösung Ende 2012 scheiterte, für eine Verlängerung aus. Dirk Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte dem Tagesspiegel: „Da es wohl nicht möglich war, die Grundsatzfrage bis Ende 2012 zu klären, macht es nun Sinn, den Vertrag mit dem Konsortium zu verlängern.“ Er mahnte aber an: „Eine finale Lösung, wie es mit dem Mautsystem weitergeht, muss natürlich gefunden werden, aber dies wäre mit einer Verlängerung ja nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.“

Und das Schiedsverfahren? Das läuft weiter und hat dem Bund bereits rund 100 Millionen Euro Anwaltskosten beschert. Christian Tretbar

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