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Politik: Mahnende Worte an Deutschland

Nato-Verbündete wollen, dass Berlin seine Soldaten auch im Süden Afghanistans einsetzt

Vor dem Nato-Gipfel in Riga wächst der Druck der Verbündeten auf Deutschland, einem flexibleren Einsatz seiner Soldaten in Afghanistan zuzustimmen. In den öffentlichen Debatten der außenpolitischen Thinktanks in Washington dominiert in diesen Tagen eine Sorge: Dass die Lage in Afghanistan außer Kontrolle gerät und im kommenden Sommer dem Chaos im Irak ähneln könnte, wenn die Allianz nicht handelt. Ein solches Scheitern werde die Nato in eine schwere Krise stürzen. Auch die Bundeswehr solle sich an den Kampfeinsätzen im Süden des Landes beteiligen, wünschen Verteidigungsexperten wie Julianne Smith vom Center für Strategic and International Studies (CSIS) oder Jim Townsend vom Atlantic Council.

Sie alle loben die Arbeit der Bundeswehr im Norden und kennen die rechtlichen Auflagen für deren Einsätze im Ausland. Auch sie sagen: „Allein militärisch kann der Frieden nicht gewonnen werden.“ Ebenso gelte jedoch umgekehrt: „Wenn wir die Sicherheit der Helfer nicht garantieren können, kommt der Wiederaufbau über kurz oder lang zum Erliegen.“ Im Süden seien die Taliban wieder erstarkt, die Nato verliere die Kontrolle, „Kanadier, Briten und Niederländer tragen die Last der Kämpfe ziemlich alleine.“ Da sei Solidarität gefragt – von allen Nato-Partnern, also auch von den Deutschen. Es gehe nicht darum, vorübergehend 50 Spezialisten für Transport oder Kommunikation abzustellen. Die Nato brauche einige Tausend Mann mehr für den Kampfeinsatz. Der Nato- Oberbefehlshaber, General James Jones, hatte im September 2000 Soldaten zusätzlich angefordert.

Hintergrund dieser Debatte sind unterschiedliche Auffassungen in zwei Fragen: Was ist, erstens, die richtige Mischung aus militärischem Vorgehen gegen den Widerstand und Aufbaumaßnahmen, um die Bevölkerung auf die Seite der fremden Soldaten zu ziehen? Und, zweitens: Warum gerät die Lage außer Kontrolle? Die Amerikaner tendieren zu der Analyse, man habe das Wiedererstarken der Taliban zu lange unterschätzt, auch das Ausmaß der Unterstützung aus Pakistan. Sie müssten bekämpft und besiegt werden, ehe man das deutsche Konzept regionaler Aufbauteams umsetzen könne. Manche Deutsche und ein Teil der Verbündeten sehen dagegen im Verhalten der US-Armee die Ursache für die Probleme. Zu oft seien beim Vorgehen gegen angeblichen Widerstand unschuldige Zivilisten getötet oder verwundet worden.

Experten nennen andere Gründe, warum der Süden umkämpft und der Norden ruhiger ist: Der Süden ist Paschtunengebiet, er war Zentrum der Taliban. Im Norden wohnen Tadschiken und Usbeken, sie hatten die Taliban bekämpft.

Die Nato hatte das Afghanistankommando im August 2003 von den USA übernommen, sich aber zunächst auf Kabul beschränkt. Sukzessive dehnte die Isaf ihre Aktivität aus, 2004 auf den Norden, 2005 auf den Westen, im Juli 2006 auf den Süden; im September kamen die restlichen Ostprovinzen an der Grenze zu Pakistan hinzu. Parallel machen US- Einheiten weiter Jagd auf Al Qaida und Taliban; sie werden dabei auch von deutschen KSK-Soldaten unterstützt.

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