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Politik: Mal wieder missverstanden

Der SPD-Chef will sich außenpolitisch profilieren – diesmal ohne Erfolg

Berlin - Taliban auf einer Friedenskonferenz in Deutschland, Gotteskrieger am Verhandlungstisch – der Afghanistanreisende Kurt Beck hat mit seinem Vorschlag, „die Möglichkeit der nationalen Aussöhnung unter Einbeziehung der Taliban auszuloten“, in der großen Koalition ungläubiges Staunen ausgelöst. Vor allem die Reaktionen aus der Union rückten die Überlegungen des SPD-Chefs in die Nähe eines Aprilscherzes: „Abenteuerlich“, urteilte der CSU-Mann Hans-Peter Uhl, „nicht sonderlich durchdacht“, spottete der CDU-Außenpolitiker Eckart von Klaeden.

Beck selbst dürfte sich wieder einmal gründlich missverstanden fühlen. Wie so oft, wenn der SPD-Vorsitzende einen medienwirksamen Vorstoß unternimmt, kommt die Botschaft bei den Empfängern zunächst anders an, als von ihm beabsichtigt. So war es beispielsweise bei den von ihm angestoßenen Debatten um mangelnden Anstand von Empfängern staatlicher Leistungen oder den fehlenden Aufstiegswillen der Unterschicht. Diesmal steht er so da, als wolle er ausgerechnet jene als Verhandlungspartner nach Deutschland bitten, vor denen Afghanistan mit Hilfe deutscher Soldaten und deutscher Tornados geschützt werden soll. Ein solches Signal kann Beck nicht gewollt haben.

Womöglich ist der SPD-Chef bei seinem Afghanistanbesuch am Wochenende Opfer seines Mitteilungsdrangs geworden. In Berliner Koalitionskreisen wird dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten ein inniges Verhältnis zu den Fernsehkameras nachgesagt; erkennbar ist auch sein Bemühen, sich außenpolitisch stärker zu profilieren – notfalls auf eigene Rechnung. Mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) war der Vorschlag jedenfalls nicht abgestimmt. Beck reagierte stattdessen auf eine Unterredung mit dem afghanischen Präsidenten Karsai, der für Gespräche mit moderaten Teilen des Widerstands in Afghanistan plädiert haben soll.

Es blieb am Dienstag dem Auswärtigen Amt überlassen, den Schaden für den mutmaßlichen SPD-Kanzlerkandidaten zu begrenzen, ohne sich dessen Vorschlag zu eigen zu machen. Zunächst müsse geprüft werden, was bei Becks Besuch genau besprochen worden sei, sagte ein Außenamtssprecher. Offenbar habe Beck lediglich „die schlichte und richtige Überlegung“ seiner afghanischen Gesprächspartner aufgegriffen, „moderaten Kräften des Widerstands eine Rückkehroption“ in die Gesellschaft zu eröffnen, wenn sie Gewalt und Terror abschwören und den Wiederaufbau unterstützen würden. Grundsätzlich handele sich dabei aber um eine „innerafghanische Diskussion“, in die sich Deutschland nicht einmische. Sollten sich „unsere afghanischen Freunde entscheiden, einen solchen Weg einzuschlagen, könnte es eine gute Idee sein, den Aussöhnungsprozess international abzusichern“. Ein solchen Prozess könne es aber nur aus einer Position der Stärke der internationalen Schutztruppe und der afghanischen Regierung heraus geben, so der Sprecher. Auf diese Voraussetzung hatte in Afghanistan auch Kurt Beck hingewiesen. Nur kam das in Deutschland mal wieder anders an.

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