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Marwa el-Sherbini-Mordprozess: "Eine heimtückische Tat"

Der Staatsanwalt hat im Dresdner Prozess um den Tod von Marwa el-Sherbini lebenslänglich für den Täter gefordert. Zugleich beantragte er in seinem Plädoyer am Montag, die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten Alex W. festzustellen.

Der Staatsanwalt hat im Dresdner Prozess um den Tod von Marwa el-Sherbini lebenslänglich für den Täter gefordert. Zugleich beantragte er in seinem Plädoyer am Montag, die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten Alex W. festzustellen. Dies würde bedeuten, dass W. erst nach frühestens 25 Jahren in Haft versuchen könnte, seine vorzeitige Entlassung zu erreichen. Die Anwälte von Marwa el-Sherbinis Witwer, ihres Bruders und ihrer Mutter, die im Prozess Nebenkläger sind, schlossen sich dem an.

Das Urteil soll an diesem Mittwoch fallen; allerdings verzögerte sich der Prozess am Montag, nachdem lange erwartete Dokumente aus Russland in Dresden eingetroffen sind. Sie enthalten Hinweise darauf, dass der in Russland geborene Täter Alex W. vor etwa neun Jahren an Schizophrenie gelitten haben könnte.

Der 28-jährige W. hatte am 1. Juli die 31-jährige ägyptische Apothekerin während eines Beleidigungsprozesses mit 16 Messerstichen umgebracht und ihren Ehemann, der ihr zur Hilfe kam, mit ebenso vielen Stichen lebensgefährlich verletzt. Nach Auffassung von Staatsanwalt Frank Heinrich liegen Mord und ein Mordversuch vor: W. habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt, nämlich aus Rassismus gegen eine Muslimin und Nichteuropäerin, möglicherweise auch aus Rachsucht, weil el-Sherbini ihn wegen seiner Beleidigungen auf einem Spielplatz angezeigt hatte. Und er sei heimtückisch vorgegangen, indem er die Arg- und Hilflosigkeit mindestens von Marwa el-Sherbini ausnutzte. Der Mord stehe zudem „in einem absoluten Missverhältnis zu der unter allen Gesichtspunkten gerechtfertigten Strafanzeige“, die el-Sherbini wegen W.s Ausfällen auf dem Spielplatz erstattet hatte. W. habe bewusst eine Familie zerstört, eine Mutter vor den Augen ihres Sohns „niedergemetzelt“, sagte Heinrich. Der Pariser Anwalt Joseph Helal, auch er Nebenklagevertreter, erwähnte später auch die anderen Angehörigen der Toten, ihre Eltern, deren einzige Tochter sie war, und ihren Bruder, zu dem sie ein enges Verhältnis hatte: „Für fünf Menschen hat der Puls des Lebens aufgehört. Ihr Leben hat keinen Sinn mehr.

Staatsanwalt Heinrich sagte, die Tat zeige „Unbarmherzigkeit und Gefühllosigkeit anderen gegenüber“, während W. für sich selbst ein Übermaß an „widerlichem Selbstmitleid“ zeige. „Motive, die keine niedrigen wären, sind für mich nicht erkennbar.“ In seinem Geständnis habe W. „nur zugegeben, was ohnehin feststand und das rudimentär“ und zudem keinerlei Einsicht gezeigt. Selbst nach der Tat habe er im Gespräch mit dem psychiatrischen Gutachter sein Opfer mindestens dreimal als „Schlampe“ bezeichnet. Was er vorgetragen habe, seien „allesamt reine Schutzbehauptungen“, etwa die, er habe die Tatwaffe seit Wochen bei sich getragen, sie beweise keinen Vorsatz.

Zu Beginn des Plädoyers hatte der Staatsanwalt sich direkt an den wie stets tief vermummten Angeklagten gewandt. Deutschland, mit dem der Russlanddeutsche W. sich so sehr identifiziere, brauche engagierte Menschen wie Marwa el-Sherbini und ihren Mann: „Was unsere Gesellschaft nicht braucht, sind Menschen wie Sie, die mit ihren kruden politischen Ansichten hierherkommen und glauben, sie seien schon deswegen etwas Besonderes, weil sie einen deutschen Pass haben.“ Er selbst sei „gottfroh“, W. „nur noch heute und am Mittwoch ertragen“ zu müssen. Wie sein Verhalten auf Marwa el-Sherbinis Witwer Elwy Okaz gewirkt habe, der jeden Prozesstag mitverfolgte, „will ich mir gar nicht vorstellen“, sagte Heinrich.

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