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© dpa

Medizinische Behandlung: Fachleute streiten über Zahl ärztlicher Kunstfehler

Vor zwei Monaten hatte ihr Bekenntnis die Zunft entzweit. Deutsche Ärzte hatten sich offen zu Kunstfehlern bekannt. Ihr Ziel: Mehr Transparenz soll die Fehlerrate senken. Doch offenbar ist die Fehlerquote geringer als angenommen.

In deutschen Krankenhäusern werden offenbar weniger Fehler gemacht als bislang angenommen. Das geht aus einer Erhebung der Ecclesia-Gruppe hervor, des größten Versicherungsmaklers im Gesundheitswesen. Danach wurden in weniger als 10 von 10 000 Fällen Entschädigungsansprüche gestellt. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 1997. Eine aktuellere Auswertung ist den Angaben zufolge nicht möglich, da schwebende Verfahren das Bild verzerren würden.

Vor knapp zwei Monaten hatten sich deutsche Ärzte erstmals zu Kunstfehlern bekannt. Ihre Botschaft: Nur wenn Fehler offen diskutiert würden, könnten sie künftig besser vermieden werden. Wie groß das Problem tatsächlich ist, blieb jedoch unklar. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit schätzte zuletzt, dass in Deutschland jedes Jahr 17 000 Menschen durch vermeidbare Behandlungsfehler sterben. Diese Einschätzung geht auf internationale Studien zurück, deren Ergebnisse man für Deutschland hochgerechnet hat.

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit vermutet eine hohe Dunkelziffer

Nach der Ecclesia-Erhebung wurden 1997 in 247 ausgewählten Krankenhäusern 88 Todesfälle erfasst. Auf ganz Deutschland hochgerechnet, entspricht das 580 Todesfällen bei 15,6 Millionen Behandlungen. Der Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Matthias Schrappe, geht allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus: „Nur zwei bis drei Prozent der Behandlungsfehler werden erfasst“, sagte er dem Tagesspiegel. Manfred Klocke, Hauptgeschäftsführer der Ecclesia-Gruppe, wehrt sich gegen solche „Horrorszenarien“. Es sei wichtig, auf Missstände hinzuweisen, aber man müsse „die Kirche im Dorf lassen“.

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Theodor Windhorst, erklärte bei der Vorstellung der Erhebung, dass sich bei den Ärzten ein neues Bewusstsein im Umgang mit Fehlern entwickelt habe: „Wenn etwas falsch läuft, stehen wir dazu und wollen Klarheit über Ursachen und Folgen.“ Er machte auf ein weiteres Ergebnis aufmerksam: Nur rund 13 Prozent aller Beschwerden landen vor Gericht. Die meisten werden von den Versicherungsgesellschaften durch Zahlung oder Ablehnung erledigt. Über knapp 16 Prozent entscheiden die Schlichtungsstellen der Ärztekammern, die in mehr als 90 Prozent aller Fälle eine gütliche Einigung erzielen.

Maike Westphal

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