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Politik: Mehr als nur auf Zwecke gegründet Neue Runde der Reihe „Reden über Europa“

Berlin - Das Grußwort wurde glücklicherweise nicht bierernst genommen: Die frühere Kulturstaatsministerin Christina Weiss, heute im Vorstand der Allianz-Kulturstiftung, hatte das Podium aufgefordert, über „Europa als Macht“ nachzudenken – „als sanfte Macht“, wie sie gleich nachschob. Die Diskutanten freilich, zur ersten einer neuen Reihe von „Reden über Europa“ gebeten, dachten dann lieber über Europas Wurzeln in der unmittelbaren Nachkriegszeit nach, als Machtgebaren aus guten Gründen gerade aus der Mode war und selbst die prosaisch klingende Montanunion, die Mutterformation der Union, wie Polens Botschafter Marek Prawda erinnerte, „nicht nur Kohle und Stahl im Sinn hatte“, sondern sich auf Frieden und Freiheit berief.

Berlin - Das Grußwort wurde glücklicherweise nicht bierernst genommen: Die frühere Kulturstaatsministerin Christina Weiss, heute im Vorstand der Allianz-Kulturstiftung, hatte das Podium aufgefordert, über „Europa als Macht“ nachzudenken – „als sanfte Macht“, wie sie gleich nachschob. Die Diskutanten freilich, zur ersten einer neuen Reihe von „Reden über Europa“ gebeten, dachten dann lieber über Europas Wurzeln in der unmittelbaren Nachkriegszeit nach, als Machtgebaren aus guten Gründen gerade aus der Mode war und selbst die prosaisch klingende Montanunion, die Mutterformation der Union, wie Polens Botschafter Marek Prawda erinnerte, „nicht nur Kohle und Stahl im Sinn hatte“, sondern sich auf Frieden und Freiheit berief.

Prawda und die übrige Runde, die an diesem Sonntag im Deutschen Theater in Berlin auf Einladung des Intendanten Ulrich Khuon, der Allianz-Kulturstiftung und des Tagesspiegels diskutierte – der Europahistoriker Wolfgang Schmale, RBB-Intendantin Dagmar Reim und die Schrifsteller Sibylle Lewitscharoff und Navid Kermani, Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff moderierte, – waren sich einig, dass diese Begründung Europas weiter nötig sei. Wo sie anhaltend verletzt werde, meinte Lewitscharoff unter Verweis auf Berlusconis Italien und Orbans Ungarn, müsse man auch mit dem Ausschluss aus Europa drohen dürfen. Kermani verwies auf das Diktum der Kanzlerin „Wenn der Euro fällt, dann fällt Europa“. Womöglich mache diese Begründung über Zwecke Europa ja so unattraktiv. Historiker Schmale verwies darauf, dass Europa historisch „immer auch ein Projekt von unten“ gewesen sei, erfunden von Studenten im frühen 19. Jahrhundert, weitergetragen von den Handwerkern um Giuseppe Mazzini und nach den Weltkriegen von großen Mehrheiten enthusiastisch begrüßt, die damals auch die Türkei und Russland als Teilhaber der Idee sahen. Dieses Europa lasse sich nur durch starke demokratisch legitimierte Institutionen erhalten: „Ich würde als Deutscher gern eine zypriotische Parlamentskandidatin wählen, wenn ich sie für die beste halte. Aber das kann ich nicht.“

Und der Schutz für Flüchtlinge, auch ein Gründergedanke? Es sei ein Schutz vor Flüchtlingen daraus geworden, bemerkte Kermani. Lewitscharoff, die erwiderte, dass angesichts hoher Flüchtlingszahlen „Ideal und politische Wirklichkeit auseinanderdriften müssen“, wies er auf die Toten hin, die die Festung Europa so produziere: „Das Mittelmeer ist das größte Massengrab Europas.“Andrea Dernbach

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