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Zehn Jahre "Agenda 2010": Mehr Markt für die Arbeit

Vor genau zehn Jahren schuf sich der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sein Denkmal – und setzte gleichzeitig seine Partei einer Zerreißprobe aus: Am 14. März 2003 umriss er in einer mit großen Erwartungen verbundenen Regierungserklärung im Bundestag das große Reformvorhaben von Rot-Grün: die „Agenda 2010“.

Von Matthias Schlegel

Vor genau zehn Jahren schuf sich der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sein Denkmal – und setzte gleichzeitig seine Partei einer Zerreißprobe aus: Am 14. März 2003 umriss er in einer mit großen Erwartungen verbundenen Regierungserklärung im Bundestag das große Reformvorhaben von Rot-Grün: die „Agenda 2010“. Das, was innerhalb dieses Programms den stärksten Widerspruch hervorrief und in der Folge nahezu zum Synonym für den Agenda-Begriff wurde, war die Hartz-IV-Reform. Damit wurde neben das bislang übliche Arbeitslosengeld das Arbeitslosengeld II gestellt, das die ehemalige Arbeitslosenhilfe, also die Unterstützung für Langzeitarbeitslose, und die Sozialhilfe zusammenführte. Der Begriff verselbstständigte sich später – der „Hartz-IV-Empfänger“ war in aller Munde. Er konnte anfangs mit 345 Euro rechnen, heute beziehen alleinstehende Erwachsene 382 Euro.

Weniger spektakulär wirkten hingegen zunächst die Hartz-I- bis Hartz-III-Gesetze, die ebenfalls auf Anregungen einer Kommission unter Leitung von Peter Hartz, ehemaliger Personalvorstand von VW, zurückgingen. Sie regelten die Einrichtung von Personal-Service-Agenturen, die die Arbeitsämter bei der Jobvermittlung unterstützen sollten. Die Leiharbeit wurde aufgewertet, geringfügige Beschäftigung und die Aufnahme selbstständiger Tätigkeit wurden gefördert und die Kriterien für die Zumutbarkeit angebotener Arbeit verschärft. Mit dem Hartz-III-Gesetz wurde schließlich die Bundesanstalt für Arbeit zur Bundesagentur für Arbeit umgebaut. Diese Maßnahmen entfalteten in der Folge durchaus einschneidende Wirkungen: Zum einen sanken die Arbeitslosenzahlen, die damals bei fünf Millionen lagen, deutlich. Zum anderen führten Minijobs und schlecht bezahlte Zeitarbeit zu einer immer stärkeren Zerfaserung des Arbeitsmarkts und einer Ausweitung des Niedriglohnsektors – mit absehbaren negativen Folgen auf die Renteneinkünfte. Die arbeitsmarktpolitische Agenda wurde von weiteren Agenda-Bestandteilen ergänzt: eine Gesundheitsreform, ein kommunales Investitionsprogramm, eine veränderte Rentenformel, die den Nachhaltigkeitsfaktor berücksichtigte, eine teilweise vorgezogene letzte Stufe der Einkommensteuerreform. Wie hoch der wirtschaftliche, soziale, ja, gesellschaftliche

Ertrag
der „Agenda 2010“ tatsächlich ist, bleibt umstritten. Dass sie Deutschland vorangebracht hat, ist weithin anerkannt. Dass sich Gerechtigkeitsfragen heute neu stellen, ist aber ebenfalls kaum infrage zu stellen. Und so mehren sich schon die Stimmen, die eine Weiterführung der Reformen fordern – eine „Agenda 2020“. sc

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