zum Hauptinhalt
Schadet die Mietpreisbremse den Vermietern, ohne den Mietern zu nützen?

© dpa

Mietpreisbremse: Die Mietpreisbremse beschleunigt die Wohnungsnot

Die Mietpreisbremse schafft erst die Wohnungsnot, die sie bekämpfen soll. Sie macht Wohnungen billig, die kein bedürftiger Mietinteressent je bekommt. Darum ist sie auch verfassungswidrig. Ein Gastbeitrag.

Was passiert in Charlottenburg, wenn eine 160 Quadratmeter große Wohnung mit sechs Euro pro Quadratmeter nach vierzig Jahren frei wird, weil die Mieterin ins Seniorenheim zieht? Der Vermieter macht zwei Wohnungen daraus und vermietet sie an eine Studenten-WG und eine Doppelverdienerfamilie – mit saftigem Aufschlag für 13 Euro.

Wo eine Person wohnte, leben danach sechs bis acht. Die Aufteilung und Verdichtung liegt im Interesse des Vermieters, weil er so die Miete steigern kann. Je teurer, desto dichter, das gilt von London bis Lichtenberg.

Aber auch die Mieter profitieren. Sie können sich für eine kleine Wohnung, kurze Fahrzeiten und die Lebensqualität der Innenstadt entscheiden. Die 13 Euro pro Quadratmeter sind für sie finanzierbar, weil die Wohnung halbiert wurde.

Gilt indes die Mietpreisbremse, kommt erst gar keine WG oder junge Familie zum Zug. Warum? Der Vermieter darf nur bei jeder Neuvermietung und auch nur zehn Prozent über der ortsüblichen Miete aufschlagen. Also investiert er nicht und gibt die große Wohnung an ein Pensionärspaar, die ziehen früher ins Altenheim und erlauben so früher eine weitere Mieterhöhung.
Die Mietpreisbremse wird also die Anzahl der Menschen pro Mietwohnung verringern. Damit fördert sie die Raumnot. Aber noch schlimmer werden die Auswirkungen auf den Wohnungsbestand selbst sein: Erfolglose Mietinteressenten müssen versuchen, sich eine Wohnung zu kaufen. Der Preis für leere Eigentumswohnungen wird deshalb deutlich steigen; der von bewohnten Wohnungen dagegen fallen.

Die Neubauten werden am Stadtrand entstehen

Die Mietpreisbremse sorgt dafür, dass der Eigentümer zwar mit Miete nichts verdienen kann, dafür aber überreich mit dem Verkauf einer leeren Eigentumswohnung entschädigt wird. Viele der verkauften Wohnungen werden aber nicht mehr vermietet, sie stehen als Spekulationsobjekt leer. Dadurch werden die Mietwohnungen in den Innenstädten deutlich weniger, und immer weniger Menschen werden in ihnen wohnen.

Im Zentrum von Madrid, das bereits seit 1940 eine Mietpreisbremse hat, sind tatsächlich die Mietwohnungen billig, aber kaum noch zu bekommen, und frei stehende Eigentumswohnungen sind unbezahlbar.

Hilft wenigstens die Ausnahme, dass Neubauten von der Begrenzung des Mietpreises ausgenommen sind? Leider nein. Die Stadtzentren sind ja meist bebaut. Also werden die Neubauten am Stadtrand entstehen. Weil das Zentrum keine Mietwohnungen mehr bietet, werden die zentrumsfernen Neubaumieten hoch ausfallen – höher, als vergleichbare Wohnungen früher im Zentrum gekostet haben. Es entsteht ein dicht bewohnter Außenring um eine dünn besiedelte Innenstadt – eine städtebauliche Perversion, ein ökologischer Unsinn und ein menschliches Ärgernis mit Kindern, die beide Eltern wegen deren Pendelei ein oder zwei Stunden pro Tag weniger sehen.

Wenn der Staat Bedürftigen wirklich helfen möchte, im Zentrum zu wohnen, sollte er ihnen direkte Zuschüsse geben

In Berlin wurde der Neubau in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt. Deshalb steigen die Mieten. Es gab bisher aber keine Wohnungsnot, weil der Platz im Wortsinne geteilt wurde. Das wird im Laufe der Jahre durch die Mietpreisbremse anders werden.

Wenn der Staat Bedürftigen wirklich helfen möchte, im Zentrum zu wohnen, sollte er ihnen direkte Zuschüsse geben. Dies vermeidet all die Nachteile der Mietpreisbremse. Die Mietpreisbremse ist dafür ungeeignet, sie schafft erst die Wohnungsnot, die sie bekämpfen soll. Sie macht Wohnungen billig, die kein bedürftiger Mietinteressent je bekommt. Sie schadet den Vermietern, ohne den Mietern zu nützen. Darum ist sie auch verfassungswidrig.
- Der Autor arbeitet als Rechtsanwalt in Berlin und sitzt als Beauftragter im CDU-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf.

Andreas Thomsen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false