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Politik: Mission erfüllt

Nach der Reise von Außenminister Powell sind die USA zuversichtlich, dass die UN-Sanktionen bald fallen

NACH DEM KRIEG IM IRAK

Die Überschriften gleichen sich. „Berlin unterstützt die Aufhebung der UN-Sanktionen gegen den Irak“, schreibt am Samstag die „Washington Post“. Derselbe Tenor findet sich in der „New York Times“, dort sogar in einer Titelgeschichte. Bundeskanzler Gerhard Schröder habe sich offenkundig um eine Reparatur der deutsch-amerikanischen Beziehungen bemüht, heißt es. Seine Konzilianz habe in einem „scharfen Kontrast“ zu den „diplomatischen Gefechten“ während des Irak-Krieges gestanden. Kein Zweifel: In Amerika hat der Berlin-Besuch von US-Außenminister Colin Powell vor allem einen Eindruck hinterlassen – Deutschland will sich wandeln. Berlin bewege sich in zentralen außenpolitischen Fragen wieder auf Washington zu.

Freilich wird nicht unterschlagen, wie „frostig“ seit Monaten die Beziehungen zwischen Bundeskanzleramt und Weißem Haus sind. Zwischen Schröder und Bush herrscht nach wie vor Funkstille. Alle Hoffnungen, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändere – immerhin begegnen sich Bush und Schröder bald zweimal hintereinander, bei der 300-Jahrfeier von St. Petersburg und auf dem G8-Gipfel im französischen Evian –, habe Powell unmissverständlich zunichte gemacht, schreibt die „Washington Post“. Weder in Russland noch in Frankreich, wird Powell aus einem Fernsehinterview zitiert, gebe es genügend Zeit für ein bilaterales Treffen. Nur „in der großen Gruppe“ kämen Schröder und Bush zusammen.

Ebenfalls vermerkt wird der doppelte Affront, den Schröder am Freitag über sich hat ergehen lassen müssen. Da ist zum einen das Treffen zwischen Bush und Roland Koch, einem „regionalen Repräsentanten der oppositionellen Christdemokraten“, das just einen Tag zuvor stattgefunden hatte. Das habe Schröders Zorn über Bush neue Nahrung gegeben. Zum anderen habe Powell ebenso lange Zeit mit Angela Merkel verbracht wie mit dem Bundeskanzler. Dass solche Sachen sorgfältig registriert werden, zeigt, wie viele Hürden bei der angestrebten Normalisierung noch zu überwinden sein werden. Powell dagegen spielte in der ARD-Sendung „Sabine Christiansen“ die Angelegenheit herunter. „ich sehe darin nichts Ungewöhnliches“, sagte er.

Insgesamt fällt die Bilanz der Powell-Reise höchst unterschiedlich aus. Der Nahost-Teil war ein Flop. Zwischen Israelis und Palästinensern tut sich in der Substanz weiterhin nichts, von gelegentlichen Annäherungsgesten abgesehen. Israels Ministerpräsident Ariel Scharon scheint ungeniert auf Zeit zu spielen. Weder Powell noch Bush sind bereit, ihn nachdrücklich an den Verhandlungstisch zu bitten. Der Besuch in Saudi-Arabien wiederum war von einem erneuten Terroranschlag überschattet. Dass der Kampf gegen den Al-Qaida-Terrorismus durch den Afghanistan- und Irak-Krieg erheblich leichter geworden sei, lässt sich offenbar bestreiten.

Weitaus besser dagegen entwickeln sich aus US-Sicht die durch den Irak-Krieg ramponierten internationalen Beziehungen. Das Trio der Kriegsgegner – Frankreich, Russland, Deutschland – ist zerfallen. Jedes dieser Länder ist bemüht, sich mit der US-Regierung wieder gut zu stellen. Eine Aufhebung der Irak-Sanktionen wird grundsätzlich von allen begrüßt. Differenzen bestehen allenfalls im Detail. Wer genau kontrolliert das irakische Öl? Welche Rolle spielt die UN beim Wiederaufbau? Sollen die UN-Waffeninspektoren wieder ins Land? Russland und Frankreich verfolgen starke finanzielle Interessen. Russische und französische Firmen haben von dem Öl-für-Lebensmittel-Programm profitiert, Moskau und Paris sind Gläubiger des Irak. Dennoch ist die US-Regierung optimistisch. Sie wähnt sich in einer komfortablen Verhandlungsposition. Eine Neuauflage des Streits im UN-Sicherheitsrat wird ihrer Ansicht nach keines der Länder, das jetzt noch Einwände geltend macht, riskieren. Außerdem sind Russland und Frankreich demnächst hochkarätige Gastgeber. Sollen die Petersburg-Feierlichkeiten überschattet werden von andauernden Verstimmungen – oder gar das G8-Treffen in Evian? Das, so hofft Washington, kann sich weder Wladimir Putin leisten noch Jacques Chirac. Und Schröder macht sowieso mit.

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