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Feuer in Köln. In diesem Haus starben an Ostern zwei Menschen.

© dpa

Misstrauen nach Wohnhausbrand: Feuerkatastrophe von Köln belastet türkisch-deutsches Verhältnis weiter

Der türkische Vizepremier Bozdag kritisiert nach dem verheerenden Brand in einem Kölner Wohnhaus die Erklärungen der Behörden. Die Polizei betont derweil, dass die Ermittlungen weiter laufen und ein Anschlag noch nicht ausgeschlossen werde.

Von Frank Jansen

Die Brandkatastrophe in Backnang, die Querelen um den NSU-Prozess und jetzt das Feuer in einem Kölner Wohnhaus – die deutsch-türkischen Beziehungen sind zunehmend belastet. Am Sonnabend war in dem auch von Türken bewohnten Gebäude in Köln-Höhenberg ein Brand ausgebrochen, zwei Menschen starben. Die Toten haben laut Polizei keinen türkischen Hintergrund, es handele sich um einen 30-jährigen Deutschen und eine 19 Jahre alte Frau aus dem Kosovo. Unter den 26 Verletzten, von denen 13 in einem Krankenhaus behandelt werden mussten, befinden sich allerdings Personen türkischer Abstammung.

Der türkische Vizepremier Bekir Bozdag kritisierte am Montag die deutschen Behörden. Sie seien stets schnell mit der Beschwichtigung zur Hand, dass es sich nicht um einen rechtsextremistischen Anschlag gehandelt habe, zitierten Nachrichtenagenturen Äußerungen des Politikers gegenüber türkischen Medien. Die Kölner Polizei sagte allerdings dem Tagesspiegel, es werde „in alle Richtungen“ ermittelt. Niemand habe einen Anschlag ausgeschlossen, „da sind wir sensibel“. In Sicherheitskreisen wurden Bozdags Worte bedauert, es sei „schade, dass er so etwas sagt“. Vor dem Hintergrund der NSU-Morde an acht Menschen türkischer Herkunft und der Brandanschläge in Mölln und Solingen, bei denen acht Türkinnen starben, seien die Emotionen des Vize-Ministerpräsidenten jedoch verständlich. Bozdag hatte auch gesagt, er frage sich, warum immer nur in Wohnhäusern von Türken in der Bundesrepublik Brände ausbrächen.

Die Flammen breiteten sich offenbar von 21.30 Uhr an in dem Haus in der Rothenburger Straße aus. Möglicherweise geriet ein im Eingang stehender Kinderwagen in Brand. Als Ursache käme eine weggeworfene brennende Zigarette in Frage, aber auch eine Zündelei, ob von Kindern oder auch von einem Täter, der gezielt das Haus angreifen wollte.

Bei dem Brand spielten sich dramatische Szenen ab. Passanten hätten per Räuberleiter einer Familie geholfen, aus dem Fenster ihrer Wohnung zu klettern, berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Helfer habe auch gesehen, wie im Hausflur die 19-jährige Frau verbrannte. Er habe aber nicht eingreifen können.

Die Polizei fand bislang keine Hinweise auf einen Brandbeschleuniger. Es sollte noch am Montag oder an diesem Dienstag ein Brandsachverständiger hinzugezogen werden.

Im März hatte Vizepremier Bozdag, der für die Auslandstürken zuständig ist, an der Beerdigung der acht türkischstämmigen Menschen teilgenommen, die bei der Brandkatastrophe in Backnang (Baden-Württemberg) gestorben waren. Die deutschen Behörden vermuten, das Feuer sei wegen eines technischen Defekts im Haus ausgebrochen. Die Ermittlungen sind aber noch nicht beendet.

Vergangenen Freitag hatte Bozdag die Unparteilichkeit des Oberlandesgerichts München bezweifelt, da weder türkische Journalisten noch Diplomaten bei dem am 17. April beginnenden NSU-Prozess reservierte Sitzplätze erhalten. Er frage sich, was die Richter im Falle einer objektiven Herangehensweise bei Anwesenheit türkischer Vertreter im Saal zu befürchten hätten, sagte Bozdag dem türkischen Sender „A Haber“. Das bedeute doch, „dass sie sich fürchten, weil es eine subjektive Haltung gibt“.

Am Wochenende hat die türkische Regierung den Druck noch verstärkt. Außenminister Ahmet Davutoglu äußerte in einem Telefonat mit seinem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle die Erwartung, dass Vertreter des türkischen Staates sowie türkische Medien an dem Prozess teilnehmen können. Westerwelle habe Verständnis geäußert, aber auch auf die richterliche Unabhängigkeit verwiesen, hieß es im Auswärtigen Amt. Unterdessen warf SPD-Chef Sigmar Gabriel dem Münchner Strafsenat Engstirnigkeit vor. Die Unabhängigkeit des Gerichts werde nicht eingeschränkt, wenn „die Borniertheit bei der Vergabe der Presseplätze“ korrigiert werde, sagte Gabriel der „Welt“.

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