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Mittelmeer: Weniger tote Flüchtlinge auf See

Die Zahl der Flüchtlinge, die bei der Überfahrt übers Meer nach Europa sterben, ist erstmals seit drei Jahren gesunken. In der ersten Hälfte dieses Jahres kamen nach Zählungen der italienischen Nichtregierungsorganisation "Fortress Europe" 459 Menschen zu Tode.

Berlin - Im ersten Halbjahr des Vorjahres zählte man noch 985 Tote. Vor allem die Verringerung der Landungen an Spaniens und Italiens Küsten haben nach Angaben der Organisation dazu beigetragen.

Die Zahl sei allerdings nicht endgültig: „Wir haben noch nicht alle Daten“, sagte Gabriele Del Grande von „Fortress Europe“, die für ihre Zählung vor allem die internationale Presse auswertet, dem Tagesspiegel. „Von vielen Todesfällen erfahren wir erst Monate später. Es kommt vor, dass eine Familie sich zum Beispiel in einer ägyptischen Zeitung erst dann zu Wort meldet, wenn sie viele Wochen nichts mehr von ihren Angehörigen gehört hat, die sich auf den Weg nach Europa gemacht haben und von denen es auch sonst keine Spur gibt.“ Del Grande glaubt aber, dass der Trend sehr klar sei: „Die Differenz zwischen 2008 und 2009 – quasi eine Halbierung – ist derart, dass man mit einem deutlichen Rückgang der Totenzahlen rechnen muss.“

Der Grund sei, dass inzwischen alle zwei bis drei Tage Boote gestoppt und zur Umkehr Richtung Libyen gezwungen werden. Mit Libyen hat die EU entsprechende Abkommen geschlossen und stattet das Land mit Booten und Überwachungsinstrumenten aus. Die EU-Grenzagentur Frontex, die allerdings nur die Zahl illegaler Einreiseversuche erfasst, zählte im ersten Quartal 2009 einen Rückgang von 16 Prozent an Land- wie Seegrenzen der EU. Die Zahl der Versuche über See sei im selben Zeitraum um acht Prozent gestiegen, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel.

Del Grande sieht in der geringeren Zahl von Menschen, die ertrinken oder auf der Überfahrt an Durst und Entkräftung sterben, keinen Anlass zur Beruhigung. „Statt auf dem Meer sterben viele dann bei der Zwangsrückführung in ihre Heimatländer oder im Gefängnis in Libyen.“ Er weist zudem darauf hin, dass nur 13 von 100 als illegal angesehenen Migranten übers Meer kommen; alle übrigen reisen per Touristenvisum ein und tauchen später unter. Von den „Boat people“ hat zudem die Hälfte aufgrund internationaler Abkommen ein Recht auf Schutz als Flüchtlinge.

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