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Britische Botschaft in Berlin.

© Britta Pedersen/dpa

Update

Verdacht auf Spionage für Russland: Mutmaßlicher Agent in britischer Botschaft festgenommen

Ein Mitarbeiter der britischen Botschaft soll dem russischen Geheimdienst Dokumente zugespielt haben. Deutsche und britische Behörden ermitteln.

Von Frank Jansen

Der Bundesanwaltschaft ist es offenbar gelungen, einen britischen Spion aus dem Verkehr zu ziehen, der für einen russischen Geheimdienst tätig war.

Am Dienstag sei in Potsdam David S. von Beamten des Bundeskriminalamts wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit festgenommen worden, teilte die Anklagebehörde am Mittwoch in Karlsruhe mit. Wohnung und Arbeitsplatz des Beschuldigten seien durchsucht worden.

Der „Arbeitsplatz“ ist brisant – David S. war an der Botschaft Großbritanniens in der Berliner Wilhelmstraße tätig. Die Festnahme ist offenkundig ein Erfolg gemeinsamer Ermittlungen von Briten und Deutschen.

Der Mann soll „bei mindestens einer Gelegenheit“ einem Vertreter eines russischen Nachrichtendienstes Dokumente übermittelt haben. Diese sollen Informationen enthalten haben, die David S. in seiner Arbeit an der Botschaft erlangt hatte. Der russische Geheimdienst entlohnte den Briten offenbar mit Bargeld. Über die Höhe der Summe schweigen sich die Sicherheitsbehörden aus.

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Das Treffen soll im November 2020 stattgefunden haben. Offen bleibt, ob David S. schon länger mit den Russen in Kontakt stand und womöglich noch mehr verraten hat. Die Bundesanwaltschaft bezeichnet David S. als „Ortskraft“ an der Botschaft

Demnach hatte er keinen höheren Rang, aber mutmaßlich Zugang zu vertraulichem Material. Für Nachrichtendienste sind auch Personen interessant, die nur Schreibkräfte sind, doch bei ihrer Arbeit auch Einblick in geheime Dokumente bekommen.

Großbritannien zählt zu den Hauptzielen russischer Spionage

Großbritannien zählt zu den Hauptzielen russischer Geheimdienstaktivitäten. Auch mit brutalen Methoden. Im März 2018 verübten Agenten in der englischen Stadt Salisbury einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok auf den russischen Ex-Geheimdienstler Sergej Skripal und dessen Tochter. Beide überlebten knapp. Skripal war in den 1990er Jahren als Doppelagent für den russischen Militärgeheimdienst GRU und den britischen Auslandsnachrichtendienst MI 6 tätig.

Berlin war zudem ebenfalls schon Schauplatz extremer Gewalt. Im August 2019 tötete ein russischer Auftragskiller im Stadtteil Moabit einen tschetschenischen Georgier, der gegen Russland gekämpft hatte, mit Schüssen in den Kopf. Der Täter wurde kurz nach dem Attentat gefasst, im Oktober 2020 begann am Berliner Kammergericht der Prozess.

Der Fall belastet die deutsch-russischen Beziehungen. Im Dezember 2019 wies die Bundesregierung zwei Mitarbeiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU aus. Sie waren an der Botschaft Russlands in Berlin stationiert. Die aktuelle Geschichte um den Briten David S. klingt nach eher altmodischer Spionage, doch auch die setzt das Putin-Regime neben modernen Methoden wie Cyberattacken weiter ein.

Die Drahtzieher sind meist Geheimdienstler, die in der Botschaft oder in Konsulaten sitzen. „Spionageaktivitäten russischer Nachrichtendienste gehen in erster Linie von sogenannten Legalresidenturen aus. Diese sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt und in offiziellen diplomatischen und konsularischen Vertretungen untergebracht“, schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz im Jahresbericht 2020. Ein weiterer aufsehenerregender Fall ereignete sich in Augsburg.

Im Juni nahm die Polizei den 29-jährigen Russen Ilnur N. fest. Er war Maschinenbau-Doktorand an der Universität Augsburg und spionierte mutmaßlich für einen russischen Geheimdienst. Ilnur N. hatte es offenbar auf Werkstofftechnologie abgesehen.

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