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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) stellt Jennifer Morgan als neue Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik vor.

© imago images/photothek

Nach Berufung von Ex-Greenpeace-Chefin Morgan: So grundlegend baut Baerbock das Auswärtige Amt um

Für den internationalen Klimaschutz schafft Baerbock neue Abteilungen. Ex-Greenpeace-Chefin Morgan nimmt dabei eine Sonderrolle ein.

Annalena Baerbock war es schon in den Koalitionsverhandlungen ein Herzensanliegen, als designierte Bundesaußenministerin die internationale Klimapolitik in ihr Haus zu holen. Ein Novum im Ressortzuschnitt. Nun hat die Grünen-Politikerin Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan zur Sonderbeauftragten für internationalen Klimaschutz gemacht – und damit wieder etwas Neues geschaffen. Sogar auf globaler Ebene ist die Position eher selten.

Einen ähnlichen Posten bekleidet John Kerry in der Administration von US-Präsident Joe Biden. „Für mich ist Jennifer Morgan eine Traumbesetzung“, schwärmte die Grünen-Politikerin Baerbock am Mittwoch in der Pressekonferenz, als sie Morgan offiziell in ihrer neuen Position vorstellte. Morgan beginnt ihren Job am 1. März, am 28. Februar tritt sie als Greenpeace-Chefin zurück.

Mit der Ernennung wurden auch Details zur Neustrukturierung der internationalen Klimapolitik im Auswärtigen Amt (AA) bekannt: Stellvertreter von Jennifer Morgan wird Norbert Gorißen als Leiter der neu geschaffenen Abteilung 4 für Klimaaußenpolitik, Wirtschaft und Technologie. Diese wird aus sechs Referaten bestehen, die unter anderem für die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen zuständig sind, aber auch für die Klimafinanzierung, für Klimapartnerschaften und Sicherheitsaspekte von Klimapolitik.

Gorißen war vorher Unterabteilungsleiter für internationale Klimapolitik im „alten“ Bundesumweltministerium. Aus diesem wechseln dem Vernehmen nach 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die neue Abteilung 4 im AA. Somit ist die alte Abteilung für Klimaschutz im Bundesumweltministerium aufgelöst.

Morgan hat gute Drähte zur US-amerikanischen Administration

Bundesaußenministerin Baerbock wird Deutschland künftig auf internationalen Klimakonferenzen vertreten. Der Job von Morgan ist die Schnittstelle zwischen nationaler und internationaler Politik: Sie soll sich mit den Ressorts abstimmen und auch die Zusammenarbeit mit anderen Staaten verstärken. Ziel ist es außerdem, die insgesamt 226 Auslandsvertretungen zu „Klimabotschaften“ zu machen, wie Barbock am Mittwoch sagte. „Jennifer Morgan wird das Gesicht der deutschen Klimadiplomatie“, so die Grünen-Politikerin weiter. Und Morgan ergänzte: „Für mich wird ein Traum wahr.“

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Morgan ist US-amerikanische Staatsbürgerin und gilt daher auch als gut vernetzt in der US-amerikanischen Politik. So könnte sie auch für den Auftrag geholt worden sein, die US-Administration vom Projekt einer gemeinsamen CO2-Bepreisung zu überzeugen. Auf wiederholte Fragen dazu, warum sie eine Lobbyistin in ein Regierungsamt berufe, sagte Baerbock am Mittwoch: „Interessensvertretung ist ein wichtiger Bestandteil von lebhaften Demokratien.“

Morgan sei die beste Kandidatin gewesen und es sei wichtig, dass der Wechsel transparent geschehe. Morgan sagte zu ihrem Wechsel, dass sie viele Jahre lang als Aktivistin gearbeitet habe, sich nun in ihrer neuen Rolle im Auswärtigen Amt aber „sehr wohl“ fühle.

[Lesen Sie dazu bei Tagesspiegel Plus: Eine Aktivistin auf dem Regierungsposten: So tickt die Ex-Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan (T+)]

Das Auswärtige Amt übernimmt in der Ampel-Regierung die Führung bei der internationalen Klimapolitik, doch wollen Baerbock und Morgan nach eigenen Worten eng mit den anderen relevanten Ressorts zusammenarbeiten. „Kein Ministerium kann die Klimakrise allein bewältigen“, sagte Baerbock. Abstimmen will sich die designierte Staatssekretärin Morgan in regelmäßigen Runden mit ihren Amtskollegen.

Neuaufstellung des Bundesumweltministeriums

Dass Baerbock die internationalen Klimadiplomatie neu sortiert, verlangt auch den anderen Ressorts eine Umstrukturierung ab. Im Haus von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ist der „natürliche Klimaschutz“ – also beispielsweise die Rückgewinnung von Überflutungsflächen – nun in der Abteilung Naturschutz angesiedelt.

Zudem wurde eine neue Abteilung geschaffen unter dem Namen „T“ wie Transformation. Dort ist auch die Klimawandelanpassung als ein Thema angesiedelt ist, das für den internationalen Klimaschutz elementar wichtig ist. Die alte Riege der Klimadiplomaten gibt es so aber nicht mehr. So tritt Karsten Sach, einer der profiliertesten Kenner der internationalen Klimaprozesse, aus gesundheitlichen Gründen kürzer und wechselt nicht ins AA. Auch ist noch unklar, wo es die ehemalige Chefverhandlerin Nicole Wilke hinzieht.

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Klar ist hingegen bereits, dass das Haus von Steffi Lemke nicht mehr allein für die Internationale Klimaschutzinitiative IKI zuständig ist – die Initiative mit einem Volumen von 600 Millionen Euro fördert Klimaprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern. In Zukunft will das AA die IKI gemeinsam mit dem von Robert Habeck (Grüne) geführten Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesumweltministerium gestalten. Da beide Häuser in den Händen der Grünen sind, dürften Abstimmungen reibungslos verlaufen.

SPD-geführtes BMZ bleibt Schwergewicht

Spannender ist da schon die Frage, wie sich die Zusammenarbeit mit dem nun SPD-geführten Bundesentwicklungsministerium (BMZ) gestaltet. In der internationalen Klimapolitik ist das Haus, das von der früheren Umweltministerin Svenja Schulze geführt wird, ein Schwergewicht: Es verantwortet unter anderem den für internationale Klimaverhandlungen wichtigen Bereich der „Schäden und Verluste“ sowie den grüne Klimafonds. Insgesamt stammen 90 Prozent der Mittel der Klimafinanzierung aus dem BMZ-Haushalt. Nicht auszuschließen, dass die internationale Klimapolitik so noch als Verhandlungsmasse zwischen Grünen und SPD dient.

Die Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).
Die Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).

© dpa/ Bernd von Jutrczenka

Klima-, Energie- und Wasserstoffpartnerschaften – all das will im Sinne einer „kohärenten“ Klimaaußendiplomatie, die Baerbock und Morgan vorschwebt, mit den relevanten Ressorts abgestimmt werden. Hier droht einerseits Kompetenzgerangel – andererseits könnte sich für bestimmte Themen niemand zuständig fühlen.

Kritik an der Personalie kommt von der Union

Für die Berufung Morgans zur neuen Sonderbeauftragten gab es am Mittwoch Lob und Kritik gleichermaßen. So erklärte der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser: „Morgan ist ein Garant dafür, dass die Anliegen der Zivilgesellschaft in der internationalen Klimapolitik mitgedacht werden.“

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Auch Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, begrüßte die Personalie. Er warnte aber davor, dass manches wegen unklarer Zuständigkeiten unter die Räder geraten könne. So sei die internationale Wälderfinanzierung bisher in der Internationalen Klimaschutzinitiative IKI angesiedelt. „Welches Ressort ist da nun konkret zuständig? Das muss schnell geklärt werden“, sagte Müller-Kraenner. Die Finanzierung müsse weiterhin „oberste Priorität “genießen.

Aus der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag kam hingegen Kritik. „Es ist bemerkenswert, dass gerade eine grüne Bundesministerin die Grenzen zwischen Staatlichkeit und Lobbyismus so leichtfertig überspringt“, erklärte der außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU). Jetzt werde Baerbock für ihre Klimapolitik wohl kaum noch Gegenwind von Greenpeace und Co. erfahren.

Morgan wird vorerst als Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik eingestellt. Sobald sie deutsche Staatsbürgerin ist, wird sie zur Staatssekretärin ernannt. Verbeamtet wird die 55-Jährige nicht, sondern mit einem außertariflichen Vertrag eingestellt, der auf die Amtszeit von Außenministerin Baerbock befristet ist. Morgan lebt seit 2003 in Deutschland und hatte sich weit vor ihrer Ernennung zur Sonderbeauftragten um die deutsche Staatsbürgerschaft bemüht. (mit dpa)

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