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Nach Eklat: Bundestag beschließt neues Afghanistan-Mandat

UPDATE Obwohl die Linke die Debatte zum Afghanistan Einsatz mit Protesten störte, beschloss der Bundestag das neue Mandat mit großer Mehrheit. In Zukunft können 850 Soldaten mehr in das Einsatzgebiet geschickt werden.

Der Bundestag hat am Freitag mit großer Mehrheit das neue Afghanistan-Mandat der Bundeswehr beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierten 429 Parlamentarier für den Antrag der Bundesregierung, 111 lehnten ihn ab. Es gab 46 Enthaltungen.

Das Mandat sieht eine Neuausrichtung des deutschen Engagements am Hindukusch hin zu verstärkten zivilen Hilfen vor. Zudem wird die maximale Truppenstärke um 850 auf 5350 Soldaten angehoben. Neben 500 zusätzlichen Soldaten ist eine „flexible Reserve“ von 350 Mann vorgesehen. Sie soll für „besondere Situationen“ eingesetzt werden wie die Absicherung der für Herbst geplanten Parlamentswahlen.

Das Einsatzgebiet soll sich auf die ISAF-Regionen Kabul und Nord beschränken, wobei deutsche Soldaten auch darüberhinaus in anderen Regionen für „zeitlich und im Umfang begrenzte Maßnahmen“ abgeordnet werden können. Dafür muss aber der Einsatz „für die Erfüllung des ISAF-Gesamtauftrages unabweisbar“ sein. Zum Mandat gehört weiterhin der Einsatz der deutschen Aufklärungsflugzeuge vom Typ „Tornado“.

Zusatzausgaben etwa 271,5 Millionen Euro

Die einsatzbedingten Zusatzausgaben für die Aufstockung um 850 Mann werden auf 271,5 Millionen Euro geschätzt, wobei der Großteil mit 226,2 Millionen Euro noch für dieses Jahr veranschlagt ist.

Bei der Bundestagsdebatte kam es zuvor zu einem Eklat. Erstmals wurde die gesamte Linksfraktion von einer Parlamentssitzung ausgeschlossen, dann abweichend von der Geschäftsordnung aber zur Abstimmung zugelassen. Zuvor ging die Fraktion davon aus, auch von der Abstimmung über das Mandat ausgeschlossen zu sein. Das sagte der Sprecher der Linksfraktion, Hendrik Thalheim: „Der Ausschluss betrifft die Sitzung heute. Das heißt: alle Tagesordnungspunkte und auch die Abstimmung.“

Dem erstmaligen Ausschluss einer ganzen Fraktion war eine emotionsgeladene Rede der Linken-Abgeordneten Christine Buchholz vorausgegangen. Danach erhoben sich alle Parlamentarier der Linksfraktion von ihren Plätzen und hielten rund 70 Transparente in Gedenken an die Opfer des Luftangriffes von Kundus hoch. Auf jedem weißen Schild wurde eines der Opfer namentlich genannt, ein graues Schild erinnerte an das Datum 4. September 2009. Damals hatte ein Bundeswehroffizier eine Luftangriff auf zwei von Taliban gekaperte Tanklaster in Nordafghanistan befohlen, bei dem zahlreiche Zivilisten ums Leben kamen.

Ströbele: "Entscheidung falsches Zeichen"

Als die Abgeordneten der Aufforderung von Parlamentspräsident Lammert nicht nachkamen, die Plakate wieder herunterzunehmen, schloss Lammert die ganze Fraktion von der weiteren Sitzung aus. Nach kurzem Verharren auf ihren Stühlen verließen alle Abgeordneten der Linken schließlich den Plenarsaal im Reichstag.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele nannte die Entscheidung von Lammert ein „völlig falsches Zeichen nach Afghanistan“ und „ein völlig falsches Zeichen in die Welt“, wenn das deutsche Parlament mit dem Ausschluss einer Fraktion auf das Gedenken an die Opfer der Bombardierung erinnere. Die Aktion der Linken sei „keinerlei nachhaltige Störung“ der Parlamentssitzung gewesen. Einfach ohne die Linke weiter zu debattieren, das halte er für „unwürdig“.

Lammert nannte die Lage „alles andere als routinehaft“. Aber Demonstrationen im Plenarsaal seien mit der Ordnung des Hauses „unvereinbar“. Daher halte er an seiner Entscheidung fest. Rückendeckung erhielt er von der Koalition und der SPD. Der CSU-Abgeordnete Florian Hahn sprach von einem „unerträglichen parteipolitischen Missbrauch der Opfer“ durch die Linke. „Der Präsident hat richtig entschieden. Das Parlament ist Ort der Debatte, nicht der Demonstration. Im Parlament zählt das Argument, nicht das Transparent,“ sagte der Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. ddp/dpa

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