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Eine Luftabwehrrakete vom Typ „Patriot“ - es dient zur Abwehr akuter Luftbedrohungen im Hoehenbereich zwischen 6 und 30 Kilometern.

© Foto: DOD/ddp

Nach Raketeneinschlag mit zwei Toten: Deutschland bietet Polen Lieferung von Patriot-Abwehrsystem an

Verteidigungsministerin Lambrecht fordert Verbesserungen bei der Luftabwehr der Nato. Das deutsche Sondervermögen von 100 Milliarden Euro werde „es alleine nicht richten“.

Nach dem Raketeneinschlag im Südosten Polens bietet die Bundesregierung dem Land nun auch das Patriot-Raketenabwehrsystem zur Sicherung des Luftraums an. „Wir haben Polen angeboten, bei der Absicherung des Luftraums zu unterstützen - mit unseren Eurofightern und mit Patriot-Luftverteidigungssystemen“, sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“.

„Es ist unsere oberste Verantwortung, dass die Nato keine Kriegspartei wird“, führte Lambrecht den Zeitungen zufolge fort. „Dafür müssen wir allzeit kühlen Kopf bewahren.“

Als Konsequenz aus dem Vorfall in der vorigen Woche in Polen müsse die Luftverteidigung im Bündnis besser aufgestellt werden. „Das gilt besonders mit Blick auf die Nato-Partner wie Polen, die Slowakei und die baltischen Staaten, die direkt an Russland und die Ukraine angrenzen“, sagte Lambrecht.

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Mit den Eurofightern und mit Patriot-Luftverteidigungssystemen unterstütze Deutschland bereits die Slowakei. „Die Präsenz dort wollen wir bis Ende 2023 verlängern, eventuell sogar noch darüber hinaus“, erklärte Lambrecht.

Die Rakete war am Dienstag in Przewodow in der Nähe der ukrainischen Grenze eingeschlagen und hatte zwei Menschen getötet. Nach Auffassung der Nato und Polens wurde der Einschlag wahrscheinlich durch eine ukrainische Flugabwehrrakete verursacht, die zur Abwehr russischer Raketenangriffe abgefeuert wurde. Die Ermittlungen zu dem Vorfall dauern an.

„Bei der Beschaffung müssen wir schneller werden“

Deutschland muss nach den Worten von Verteidigungsministerin Lambrecht grundsätzlich auf den Verteidigungsfall vorbereitet sein. „Wir müssen vorbereitet sein, Deutschland und das Bündnisgebiet zu verteidigen“, sagte Lambrecht im Interview laut Vorabbericht.

Das sei immer die Kernaufgabe der Bundeswehr gewesen. „Das müssen wieder alle verstehen“, sagte sie auf die Frage, was Äußerungen von Generalinspekteur Eberhard Zorn bedeuteten, Deutschland müsse sich für einen aufgezwungenen Krieg wappnen.

Die Bundeswehr sei eine Bündnisarmee, erklärte Lambrecht den Zeitungen. „Sie würde Deutschland nie ganz allein verteidigen müssen, sondern hätte immer unsere Alliierten an ihrer Seite.“ Dennoch müsse die Bundeswehr besser werden in allen Bereichen. „Insbesondere bei der Luftverteidigung. Da bestehen Lücken in Europa.“

Das geplante europäische Luftverteidigungssystem FCAS soll ab 2040 mit Kampfflugzeug, Drohnen und Kommunikationsinfrastruktur die Verteidigung modernisieren. Das europäische Projekt kam in der Vergangenheit jedoch lange nur schleppend voran, da es mehrfach Konflikte bei der Arbeitsteilung und beim geistigen Eigentum gab. Erst vergangenen Freitag haben Deutschland und Frankreich nach langem Ringen ihren Streit um das gemeinsame Kampfflugzeugsystem beigelegt. 

Ein Modell des bisher umstrittenen Future Combat Air System (FCAS)
Ein Modell des bisher umstrittenen Future Combat Air System (FCAS)

© REUTERS / Charles Platiau /Reuters

Lambrecht erklärte, sie sei sehr froh über das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr, mit dem Gerät gekauft und Projekte umgesetzt werden könnten. „Es kann nicht sein, dass wir Material aus allen Ecken der Republik zusammenkratzen müssen. Bei der Beschaffung müssen und werden wir schneller und besser werden.“

Lambrecht: „Die 100 Milliarden Euro alleine werden es nicht richten“

Die Bundeswehr nutze demnach Ausnahmen im europäischen Vergaberecht, um schneller Material zu besorgen. Man müsse „mehr bestellen, was auf dem Markt verfügbar und bei unseren Partnern bewährt ist, und nicht jahrelang eigene Goldrandlösungen entwickeln“, sagte die SPD-Politikerin.

„Deswegen nutzen wir jetzt auch Ausnahmen vom europäischen Vergaberecht“, sagte sie. „Außerdem können Aufträge unter einem Wert von 5000 Euro jetzt freihändig, also ohne zeitraubende Ausschreibung vergeben werden.“ Das betreffe 20 Prozent aller Aufträge des Beschaffungsamtes der Bundeswehr in Koblenz.

„Die 100 Milliarden Euro alleine werden es nicht richten“, meinte die Ministerin. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatten Bundestag und Bundesrat ein 100 Milliarden Euro schweres Sonderprogramm zur Ausrüstung einer einsatzfähigen Bundeswehr beschlossen. Mit dem Geld sollen in den kommenden Jahren etwa neue Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe, Panzer und Munition angeschafft werden.

Von der CDU gab es zuletzt hingegen Kritik am Umgang mit dem Sondervermögen: Beim Deutschlandtag der Jungen Union in Fulda kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz, dass von den 100 Milliarden Euro zur besseren Ausstattung der Bundeswehr noch nichts ausgegeben worden sei. „Es ist nichts passiert, es gibt nicht eine einzige Bestellung, es gibt nicht eine Ausschreibung“, so der CDU-Chef. (AFP/dpa)

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