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Politik: Nach Saddam die Generäle

Wenn Bagdads Staatschef besiegt ist, wollen die USA für mindestens 18 Monate eine Militärherrschaft errichten

Auch im Pentagon wird gerne zum Taschenrechner gegriffen. Einige kluge Köpfe können die kniffligen Probleme sogar im Kopf bewältigen. Im Irak leben 23 Millionen Menschen. Wenn man einen Soldaten braucht, um auf 500 besiegte Iraker aufzupassen, und einen weiteren, der jeweils zehn Polizisten befehligt, wie groß muss dann die amerikanische Besatzungsarmee sein, die nach einem Krieg vorübergehend die Herrschaft im Lande übernimmt? Antwort: rund 50 000 Mann. Das war einfach.

Nächste Frage: Im ersten Golfkrieg wurde der Irak vierzig Tage lang bombardiert, bevor die Bodeninvasion begann. Damals waren knapp zehn Prozent der eingesetzten Waffen präzisionsgesteuert. Deshalb konnten die Jets von einem Flugzeugträger pro Tag 162 Ziele zerstören. Heute dagegen können mehr als 80 Prozent der amerikanischen Raketen mit Hilfe von Satelliten und Lasern zielgenau eingesetzt werden. Außerdem sind die irakischen Abwehrsysteme schwer beschädigt. Wie viele Ziele könnten die USA also diesmal von einem Flugzeugträger aus pro Tag zerstören? Antwort: mehr als 700. Das war schon schwieriger.

Es liegt nahe, solche Kalkulationen zynisch zu finden. Der Tod kommt in ihnen nicht vor. Dennoch sind sie unerlässlich für ein Land, das sich auf einen Krieg vorbereitet. Der Krieg selbst mag richtig oder falsch sein, eine genaue Planung ist in jedem Fall notwendig. Die Zeitung „New York Times“hat jetzt einen Bericht veröffentlicht, der belegt, wie intensiv sich die US-Regierung bereits auf den Tag danach vorbereitet. Präsident George W. Bush sei über die Details informiert. Saddam Hussein gestürzt, seine Armee besiegt, was dann?

Um es kurz zu sagen: Amerika stellt sich darauf ein, im Irak den aufwändigsten Wiederaufbau eines Landes seit der Besetzung Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg leisten zu müssen. Mindestens 18 Monate lang, so das Szenario, soll der Irak unter amerikanische Militärherrschaft kommen. Der Diktator und seine obersten Helfer müssten sich nach dem Vorbild der Nürnberger Prozesse vor Militärgerichten verantworten, ein ziviler Statthalter würde regieren. Die Streitkräfte hätten die Aufgabe, den Frieden zu sichern, die Massenvernichtungswaffen zu zerstören und das Land zusammenzuhalten. Die staatliche Integrität des Landes soll auf jeden Fall gewahrt bleiben, jede Einmischung von Außen verhindert werden. Die Devise heißt: Wir bleiben so kurz wie möglich, aber so lange wie nötig.

Umrisse dieser Nachkriegsplanung kursieren schon seit längerem in den amerikanischen Medien. Im November 2002 veröffentlichte die Zeitschrift „The Atlantic Monthly“ einen längeren Artikel unter der Überschrift „The Fifty-First State?“ – wird der Irak Amerikas 51. Bundesstaat?“ Darin wird besonders auf das Problem einer geeigneten Nachfolgeregierung eingegangen. Weil die Exil-Iraker untereinander heillos zerstritten sind, hat man sich in Washington offenbar von der Idee verabschiedet, eine Übergangsregierung einzusetzen, die aus Oppositionellen besteht. Vor allem CIA und Außenministerium haben dringend vor solchen Überlegungen gewarnt. Die Alternative dazu ist eine irakische Version der „Loya Jirga": ein Zusammenschluss von Abgeordneten, die auf lokaler Ebene gewählt wurden und auf Grundlage einer neuen, demokratischen Verfassung eine neue Regierung ernennen.

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