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Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner beim Pressestatement nach dem Karlsruher Urteil in der vorigen Woche.

© Imago/Bernd Elmenthaler

Nächster Schlag für die Ampel: Die Haushaltssperre und was sie bedeutet

Die Regierung weiß nach dem Karlsruher Urteil nicht, welche Ausgaben künftig noch möglich sind. Die Folge: Das Finanzministerium stoppt fast alle Pläne für das Anschieben von Vorhaben.

Der nächste Paukenschlag im Haushaltsdrama der Ampel-Koalition endet mit „freundlichen Grüßen“. In einem kurzen Brief an alle Ministerien hat der Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer am Montag eine „haushaltswirtschaftliche Sperre“ angekündigt.

Das Bundesfinanzministerium will demnach in den meisten Einzelplänen im Haushalt 2023 die sogenannten Verpflichtungsermächtigungen sperren – soweit sie noch verfügbar sind, also nicht bereits durch Aktivierung praktisch nicht mehr rückholbar sind.

Der Grund dafür ist, dass die Regierung nach dem Karlsruher Schuldenbremsen-Urteil derzeit keinen Überblick hat, wie sie den Etat 2024 und die Finanzplanung bis 2027 zum Ausgleich bringen kann.

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Sie weiß momentan nicht, wie weit sich die Einnahmen und Ausgaben wegen der Folgen der Gerichtsentscheidung gegenseitig noch decken. Anders gesagt: Die Regierung rechnet mit erheblichen Haushaltslöchern, kann sie aber noch nicht exakt beziffern.

Haushaltssperre: Diese Ausgaben sind betroffen

Gesperrt werden nun quasi Ausgaben in künftigen Etats, die heute schon angeschoben werden können. Und zwar im Wesentlichen für Investitionen und Sachausgaben. Gesetzliche Verpflichtungen, etwa im Sozialen, fallen nicht unter diese Sperre.

Verpflichtungsermächtigungen stehen in vielen Einzeletats, exakt mit Euro und Cent festgelegt für jedes kommende Haushaltsjahr. Damit bindet sich eine Regierung für die Zukunft. Meist geht es um Vorhaben, die längerfristig finanziert werden müssen, weil sie über mehrere Jahre hinweg laufen.

Ein Beispiel: Ein Ministerium beschafft sich eine neue Ausstattung, aber nicht auf einen Schlag, sondern mit Anschubfinanzierung und den schrittweisen Käufen der Objekte über mehrere Jahre hinweg. Dafür wird die nötige Gesamtsumme auf die Jahre der Anschaffung aufgeteilt. So kann geplant werden, was auch den Lieferanten eine gewisse Planungssicherheit gibt.

Ein weiteres Beispiel: Die Bundeswehr schafft eine neue Waffe an, aber in Jahrestranchen, um die Kosten zu strecken. Auch hier wird das Projekt über Verpflichtungsermächtigungen abgesichert, das Verteidigungsministerium kann dann schon mal mit der längerfristigen Vertragsvergabe beginnen.

Ausgaben sind häufig auf Jahre hinaus verteilt

Ein klassischer Fall für eine Finanzierung via Verpflichtungsermächtigung ist der Bau eines neuen Gebäudes, der sich über Jahre streckt.

Allerdings gibt es bei Verpflichtungsermächtigungen einen klaren Grundsatz: Sie müssen in den Etatplänen mit Einnahmen unterlegt sein. Will heißen: Die Regierung darf über diese Ermächtigungen nicht Ausgaben auf den Weg bringen, die nicht durch die Einnahmen in der Planung gedeckt sind. Es dürfen keine Luftbuchungen sein.

Haushaltssperre soll „Vorbelastungen vermeiden“

Um genau das zu vermeiden, hat Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer nun die Sperre angekündigt – „um weitere Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre zu vermeiden“, wie er in seinem Brief schreibt.

Die Ampel-Koalition, das steht sozusagen zwischen den Zeilen, ist sich nicht mehr sicher, ob tatsächlich alle Verpflichtungsermächtigungen, die bisher in den Plänen stehen, auch so eingehalten werden können. Es ist zwar eine Vorsichtsmaßnahme, aber angesichts der schon absehbaren Folgen des Karlsruher Urteils, eine dringliche.

Auswirkungen der Haushaltssperre

Finanzielle Auswirkungen für die Bürger sind damit zunächst noch nicht verbunden. Wohl aber für Unternehmen oder Selbständige, die mit Projekten betraut sind, die über Verpflichtungsermächtigungen finanziert werden. Die müssen nun damit rechnen, dass es zu Änderungen kommt – beim Geld, bei der Umsetzungsdauer, im harten Fall durch Streichung eines Vorhabens.

Dieses Risiko steckt aber in jedem Zukunftsprojekt. Verpflichtungsermächtigungen sind keine absolute Finanzierungsgarantie – sie können grundsätzlich mit jedem neuen Etat erhöht, verringert oder gestrichen werden.

Am Dienstagabend wurde bekannt, dass das Finanzministerium auch sämtliche Ausgaben im Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) für dieses Jahr gestoppt hat. Die Begründung auch hier: „Um weitere Belastungen des Haushalts sowie Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre zu vermeiden, sind alle im Wirtschaftsplan 2023 noch nicht in Anspruch genommenen Ausgaben sowie alle ausgebrachten und noch nicht belegten Verpflichtungsermächtigungen“ ab sofort gesperrt.

Der Chefhaushälter der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Christian Haase, sieht sich bestätigt. „Dieses Vorgehen ist nur die eine Konsequenz aus unserem erstrittenen Urteil, aber es ist nicht vollständig.“ Das Finanzministerium mache nun, was die Unions-Fraktion mit der Verschiebung der abschließenden Sitzung des Haushaltsausschusses zum Etat 2024 habe erwirken wollen. Es gehe um die Frage: „Wo stehen wir haushalterisch nach dem Urteil?“ Haase fordert nun einen Gesamtüberblick für den Haushalt 2023, aber ebenso für den Haushalt 2024. „Deswegen kann es auch ein ,Weiter so’ in den Beratungen zum Haushalt 2024 nicht geben.“ 

SPD-Fraktionsvize Achim Post, verwies darauf, dass alle für 2023 vorgesehenen Mittel weiter abgerufen werden können. „Auch bereits eingegangene Verpflichtungen sind davon nicht betroffen“, sagte er.

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